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Japan drängt auf den AKW–Exportmarkt

■ Atomindustrie des Landes hat im Inland keine Perspektive mehr / Überkapazitäten warten auf neue Aufträge aus Schwellen– und Entwicklungsländern / Internationale Atombehörde: Im Jahr 2000 wird jedes vierte AKW in einem Entwicklungsland gebaut

Tokio (dpa) - Das Weißbuch über die Atomenergie, das in dieser Woche vom japanischen Ministerium für Wissenschaft und Technologie vorgelegt und vom Kabinett verabschiedet wurde, enthält wunderschöne Grundsatzformulierungen: „Japan sollte seine Technologie mit anderen Nationen teilen“, heißt es, und: „Es ist für Japan von grundlegender Bedeutung, international zur Weiterentwicklung der Atomenergie beizutragen.“ Der geübte Leser japanischer Regierungsverlautbarungen erkennt die Euphemismen, beschönigende Umschreibungen eines harten Atomkurses: Die Regierung in Tokio will die Nuklearindustrie des Landes künftig energisch beim Export von Atomkraftwerken in andere Länder unterstützen. Die drei Konzerne, die Japans 35 AKWs gebaut haben, können ihre Kapazitäten ohne Exporte längst nicht mehr ausreichend nutzen. In diesem Punkt geht es der japanischen Atomindustrie nicht anders als der deutschen oder französischen. Im goldenen Atomzeitalter der sechziger und siebziger Jahre wurden riesige Kapazitäten aufgebaut, denen jetzt der Zusammenbruch droht. Die Reaktorenbauer, Mitsubishi Heavy Industries, Hitachi Ltd. und Toshiba Corp. können nur ihre halbe Kapazität von sechs Atomkraftwerken pro Jahr nutzen, bilanziert der Präsident des Instituts für Energiewirtschaft, Toyoaki Ikuta. In Japan selbst werden bis zum Jahr 2000 nach seinen Schätzungen pro Jahr höchstens zwei bis drei Reaktoren gebaut werden, weniger als in den of fiziellen Regierungsprojektionen. Ikuta begründet seine zurückhaltende Prognose nicht mit den Folgen des Tschernobyl–Unglücks, das in Japan praktisch keine politischen Auswirkungen hatte, und auch nicht mit den kaum durchschlagenden Widerständen der Öffentlichkeit gegen den Ausbau der Kernkraft. Entscheidend sei die rückläufige Nachfrage nach Energie, meinte er. Die japanische Reaktorindustrie aber sei auf eine hohe Ausnutzung ihrer Kapazitäten angewiesen, wenn sie bis ins nächste Jahrtausend überleben wolle. In dieser Situation des gesättigten Inland–Marktes richten sich alle Hoffnungen auf den Export. Die Internationale Atomenergie– Behörde hat vorhergesagt, daß im Jahr 2000 mindestens jedes vierte neue Atomkraftwerk in einem Entwicklungsland gebaut wird. Darauf setzen die Japaner: Sie sehen Asien und den Pazifik als „ihren“ Markt. Dazu müssen sie aber die jahrzehntelang angelegten Fesseln amerikanischer Lizenzgeber beim Export ihrer Nuklear– Technologie abstreifen. Beim Bau des ersten japanischen Kernkraftwerks vor 22 Jahren gab es noch eine totale Abhängigkeit von amerikanischer Technologie. Doch bereits 1974 ging das erste AKW aus rein japanischer Produktion ans Netz. Doch das Problem ist der Brennstoff: Die Japaner verfügen nur über sehr begrenzte Uran–Ressourcen und möchten deshalb Plutonium aus den Wiederaufbereitungsanlagen in Großbritannien und Frankreich in Leichtwasserreaktoren einsetzen. Dagegen wehren sich vor allem die Amerikaner. Sie fürchten Sicherheitsrisiken beim Transport des hochgiftigen Materials ebenso wie eine mögliche militärische Nutzung, wenn die Japaner Reaktoren mit dieser Technologie exportieren. In Japan selbst wird die Atomkraft nur strikt zivil genutzt.

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