Gary Hart ist wieder dabei

■ Die Riege der demokratischen Präsidentschaftsbewerber ist um ein vertrautes Gesicht größer geworden / Geldmangel und nachwirkende Popularitätseinbuße konnten Hart nicht zurückhalten

Aus Washington Stefan Schaaf

Nach mehr als einem halben Jahr in der politischen Wüste hat Gary Hart am Dienstag seine Rückkehr ins Rennen ums Weiße Haus bekanntgegeben. Damit ist eine völlig neue Situation für die sechs Präsidentschaftsbewerber der Demokratischen Partei entstanden. Seit Harts Ausscheiden im Mai waren sie wegen ihrer kollektiven Profillosigkeit zur Zielscheibe der Karikaturisten geworden. Ein Sechserpack seien sie, so die Spötter in den Medien, und für die Präsidentschaft nicht gehaltvoll genug. Ob Hart ihnen jetzt aber ernsthaft Konkurrenz machen wird, erscheint zweifelhaft. Noch lange ist nicht vergessen, daß der ehemalige Senator aus Colorado im Frühjahr über eine Frauengeschichte und seine eigene unglaubliche Dummheit gestolpert war. Er hatte geglaubt, seine Wochenend–Flirts mit Donna Rice, einem Modell aus Miami, entweder vor der Presse verheimlichen oder als seine Privatsache deklarieren zu können. Natürlich fiel der flotte Gary im prüden Amerika der 80er Jahre damit auf den Bauch, und nach einigen Tagen peinlichen Verhörs sah er sich zum Rückzug gezwungen. Die Nachricht, daß Hart wieder aus der politischen Versenkung aufgetaucht sei, schlug am Dienstag mittag wie eine Bombe ein. Die Reaktionen unter politischen Kollegen und auf der Straße spiegelten Überraschung und gemischte Gefühle wider. Harts Wiedereinstieg wurde als begrüßenswerte Herausforderung für das demokratische Feld oder als weitere Demonstration seiner Arroganz bewertet. Der alte und neue Präsidentschaftsbewerber begründete seine Entscheidung mit dem Fehlen neuer Ideen für die Zukunft bei seinen sechs Mitbewerbern aus der Demokratischen Partei. Für diese stellt sich eine neue Situation. Nicht länger muß einer von ihnen sich als der Fähigste beweisen, sondern alle müssen gegen einen Konkurrenten bestehen, der lange Zeit als klarer Spitzenreiter gegolten hatte. Nach Harts Ausscheiden war die Gruppe der unentschiedenen Wähler in den meisten Umfragen die größte gewesen. Obwohl seit Wochen in den Medien spekuliert wurde, ob doch noch ein prominenter Bewerber in diese politische Marktlücke stoßen würde, hatte niemand erwartet, daß es Gary Hart selbst noch einmal versuchen würde. Fraglich ist es allerdings, ob er einen großen Teil seiner alten Unterstützer zurückgewinnen kann. Sein Wahlkampfstab ist weitgehend zu anderen demokratischen Kandidaten übergelaufen und Geld, so sagt er, habe er keines. Mit seiner Wiedergeburt als Kandidat erwirbt er jedoch das Recht auf fast eine Million Dollar Wahlkampfunterstützung aus der Bundeskasse.