Mafia (I)

■ Die Ehrenwerte Gesellschaft Transnuklear

Atom–Mafia! Der Begriff bildete sich aus der Wut der 70er Jahre über den Vormarsch der Atomindustrie. Doch die Vorstellung vom Geschäftsgebahren dieser Mafia ist nur ein blasses Abziehbild gegenüber der prallen Wirklichkeit, wie sie sich jetzt präsentiert. Da wird nicht nur bestochen, betrogen, gelogen, daß sich die Brennstäbe biegen, da wird auch plutoniumhaltiger Atommüll mal eben verwechselt oder bewußt falsch deklariert, da wird den Entsorgern hochaktiver Müll untergejubelt, da werden Strahlenschutzbeauftragte in Bordellnächten verschlissen. Transnuklear und die Atombetreiber quer durch Deutschland bieten das Bild einer klassischen kriminellen Vereinigung, vermummt als seriöse Energieversorger, als Strahlenschützer und, wie es das deutsche Atomgesetz vorschreibt, als „besonders zuverlässige“ Personen. Um die Atomenergie tobt seit zwei Jahrzehnten ein heftiger politischer Streit. Zusammengeschlossen haben sich nicht nur Atomgegner, sondern auch die Atomindustrie und ihre Helfer. Von der kritischen Öffentlichkeit in die Ecke gestellt, moralisch ohnehin diskreditiert, von den Genehmigungs– und Kontrollbehörden aber gehätschelt und mit einem großen Freiraum versehen, hat die Branche im atomaren Ghetto ihre Eigen–Gesetzlichkeit entwickelt. Die macht der Fall Transnuklear jetzt sichtbar. Der Name NUKEM und die Stadt Hanau tauchen auch hier wieder auf. Sie ziehen sich wie ein roter Faden durch die atomaren Skandalchroniken. Im Fall NUKEM/ALKEM wurden bis heute keine Konsequenzen gezogen. Und Töpfer? Der Umweltminister zeigt sich entsetzt, untersagt weitere Transporte und verlangt die „rückhaltlose Aufklärung“. Die nächsten Tage werden zeigen, ob dies opportunistische Routine– Empörung ist oder ein neuer harter Kurs. Manfred Kriener