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Was wollen die Atomschmuggler?

■ Unklarheit über die Motive von Transnuklear / Zahl der geschmuggelten Atomfässer noch unklar

Von Klingelschmitt & Kriener

Frankfurt/Berlin (taz) - In der Transnuklear–Affäre um die verschobenen, falsch gelagerten Atommüll–Fässer besteht bei Aufsichtsbehörden und Strafverfolgern vor allem eins: Unklarheit. Die Frage, warum der deutsche gegen belgischen Atommüll vertauscht worden ist, blieb auch gestern unbeantwortet. „Das wüßten wir auch gern“, hieß es dazu im Bonner Umweltministerium. Fest steht offenbar nur, daß es sich nicht um eine irrtümliche Verwechslung handeln kann. Auch über die endgültige Zahl der Fässer besteht noch keine Gewißheit. Nach letzten Angaben des niedersächsischen Umweltministeriums seien 368 falsch deklarierte Fässer in niedersächsischen AKWs, im Faßlager Gorleben und in der Landes–Sammelstelle Steyerberg identifiziert. Der Plutonium–Gehalt ist noch nicht überprüft. Das Umweltminsterium in Bonn ordnete gestern eine umfassende Bestandsaufnahme an. Wieviel Fässer lagern wo, und: „Wir wollen wissen, was drin ist“, so Töpfers Sprecherin Marlene Mühe. Der Firmensprecher der Transnuklear–Mutterfirma NUKEM, Jörg Pompetzki, sprach gestern von einem „Rätsel“. „Wir wissen nur, daß es passiert ist, aber nicht, was dahinter steckt.“ Transnuklear hat am Donnerstag ihre Transporte eingestellt. Pompetzki setzt allerdings auf ein Gespräch mit Töpfer, das am Dienstag stattfindet. „Wir hoffen, die Transporte bald wieder aufnehmen zu können“, sagte Pompetzki gegenüber der taz. Falls das Transportverbot bestehen bleibe, sieht er „dramatische Auswirkungen“ für die Atomwirtschaft, denn Transnuklear sei nicht zu ersetzen. Zur Zeit seien zum Beispiel Schiffe mit nuklearen Materialien unterwegs. Noch am Freitag wurde laut AP das schwedische Spezialschiff „Sygin“ in Lübeck erwartet. Frage: Wer soll dieses radioaktive Material transportieren? Fortsetzung auf Seite 2 Siehe auch Seite 5 Auch der Hanauer Oberstaatsanwalt Schneider bezeichnete im Gespräch mit der taz gestern die „Belgien–Connection“ der Atom– Transportfirma Transnuklear als „auf den ersten Blick unlogisch“. Ein direkter Zusammenhang zwischen der Schmiergeld–Affäre bei der NUKEM–Tochter Transnuklear und dem illegalen Import plutoniumhaltiger Abfälle könne zunächst nicht konstatiert werden. Schneider: „Warum hätten die Hanauer Schmiergeld an die Mitarbeiter der belgischen Konditionierungsfirma in Mol zahlen sollen? Die Transnuklear hat doch gefährlicheres Material zurück bekommen, als sie dorthin geliefert hat.“ Daß die Zahlung von Schmiergeldern „branchenüblich“ sei, oder daß die belgischen Betreiber möglicherweise ihrerseits Bestechungsgelder ausschütteten, konnte Oberstaatsanwalt Schneider „nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen“ weder bestätigen noch dementieren. Schneider: „Die Ermittlungen laufen in allen Richtungen auf Hochtouren.“ Fest stehe bislang nur, daß die Transnuklear in Belgien „etwas angenommen hat, was verboten und durch die Transportgenehmigungen nicht gedeckt war“. Es könne zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht einmal definitiv gesagt werden, ob die Transnuklear überhaupt wußte, daß sie verbo tene Materialien in die Bundesrepublik einführte und an unzulässigen Stellen zwischenlagerte. Die Staatsanwaltschaft hat zunächst umfangreiche Prüfungen der Container angeordnet, die in den letzten Jahren von der Transnuklear in die Bundesrepublik verbracht wurden. Schneider: „Wir müssen erst einmal genau wissen, was für gefährliche Stoffe im einzelnen in den Hunderten von Fässern lagern.“ Für den Sprecher der Hanauer BI–Umweltschutz und der BI– Aschaffenburg/Untermain, Eduard Bernhard, ist der Transnuklear–Skandal vor allen Dingen ein „Kontroll– und Aufsichtsskandal“. Bernhard, der auch Mitglied der Strahlenschutzkommission des BUND ist, warf den hessischen Fachbehörden, der internationalen Atom–Aufsichtsbehörde IAEO, der Bundesanstalt für gewerbliche Wirtschaft und den Zollbehörden vor, ihre Aufsichts– und Kontrollpflichten in den letz Landtag, Joschka Fischer, gestern eine gemeinsame Sondersitzung des Umwelt– und Rechtsausschusses noch „vor dem Heiligen Abend“ gefordert. Darüberhinaus will die Fraktion, daß die Landesregierung in Wiesbaden den Fachaussschüssen unverzüglich Bericht erstattet.

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