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U-Boot-Händler reingewaschen

Verbotene U-Boot-Pläne für Südafrika doch nicht verboten, weil lückenhaft / Ermittlungen eingestellt  ■ Aus Kiel Jörg Feldner

Mit einer aufsehenerregenden Begründung hat gestern die Oberfinanzdirektion Kiel die Ermittlungen gegen die Kieler Werft HDW und das Ingenieurkontor Lübeck (IKL) wegen der Lieferung von U-Boot-Plänen an Südafrika eingestellt. Was die beiden Rüstungsfirmen 1984 vertraglich mit Südafrika vereinbart hätten – eben die Lieferung von Unterlagen und Spezialstählen für den Bau kompletter U-Boote – wäre zwar ohne Ausfuhrgenehmigung verboten gewesen, teilte der Präsident der Behörde Svend Olav Hansen der Presse mit, weil die vereinbarten Lieferungen aber nur zum kleineren Teil erfolgt seien, sei es zu keinem vollendeten Gesetzesverstoß gekommen. Hansen wörtlich: „Die vertragliche Verpflichtung allein ist noch kein Verstoß gegen außenwirtschaftsrechtliche Bestimmungen“.

Mit dem, was HDW und IKL geliefert hätten, hätte Südafrika kein U-Boot bauen können. Das jedenfalls hätten die Ermittlungen der Oberfinanzdirektion (OFD) ergeben. Nur wenn ein ganzes Schiff, ein funktionsfähiges Teilstück oder wenigstens die Blaupausen für ein komplettes Teilstück geliefert worden wären, läge ein Vestoß gegen das Außenwirtschaftsgesetz vor. Auf die Frage, worin für HDW, IKL oder Südafrika der Sinn bei einem Handel mit wertlosen Teilen der Konstruktionspläne liegen könnte, meinte Hansen: „Sie hofften wohl, noch eine Genehmigung zu erhalten.“

Auf die Möglichkeit angesprochen, daß Konstruktionspläne nicht per Kurier, sondern per Datenleitung nach Südafrika geschickt worden sein könnten, meinte Hansen, zum damaligen Zeitpunkt – 1984/85 – hätten die beiden Rüstungsfirmen nicht über die erforderliche Technik verfügt. In Südafrika seien keine als „geheim“ eingestuften Pläne angekommen, keine Schweißvorschriften für Spezialstähle, keine Überwachungsinstruktionen für den Bau des Druckkörpers und auch keine Unterlagen für Stabilitäts- und Trimmberechnungen.

Man habe auch keine genehmigungspflichtige Lizenzvergabe nachweisen können. Was Südafrika schließlich bekommen habe, sei nach Auffassung des Bundeswirtschaftsministeriums, des Verteidigungsministeriums und des Bundesamtes für Wirtschaft nicht genehmigungspflichtig gewesen.

Das habe auch die Vernehmung von HDW-Beschäftigten ergeben, die sich zeitweise in Südafrika aufgehalten hätten. Auch der früher für HDW tätige, jetzt bei einem Offshore-Projekt in Südafrika arbeitende Oberingenieur Rademann habe „glaubwürdig“ versichern können, er habe nichts mit U-Boot-Bau zu tun. Die OFD sah auch keinen Verstoß in der Lieferung von 5,34 Tonnen Spezialstahl an Südafrika. Die OFD hielt die Einleitung ungenehmigter Rüstungslieferungen nicht einmal für eine versuchte Ordnungswidrigkeit. Die läge nur vor, wenn die Firmen „den Willen gehabt hätten, das Geschäft auch ohne Genehmigung durchzuziehen. Weil nicht einmal dieser Wille bewiesen sei, zog die OFD auch die Bußgeldandrohungen über je 50.000 Mark zurück.

OFD-Präsident Hansen bestritt auf Nachfrage, „in dieser Sache“ mit seinem obersten Dienstherrn, Bundesfinanzminister Stoltenberg, auch nur ein einziges Wort gewechselt zu haben. Nur die Landesregierung Schleswig-Holstein – die ein Viertel der Anteile der Staatswerft HDW hält – habe sich mehrfach nach dem Stand des Verfahrens erkundigt.

Während der SPD-Obmann im Bonner Untersuchungsausschuß, Norbert Gansel (Kiel), in der Vergangenheit mehrfach moniert hatte, HDW und IKL hätten die dem Ausschuß überlassenen Akten „systematisch verstümmelt und gesäubert“, war die Finanzbehörde sich ganz sicher, die lückenlosen Akten zu kennen. Hansen hat zugesichert, „alle“ der OFD bekannten Akten an den Untersuchungsausschuß weiterzuleiten.

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