: Schewardnadse beendete Bonn–Besuch
■ Regelmäßige Treffen der Außenminister der Bundesrepublik und der Sowjetunion vereinbart / Vorbehalte der Sowjetunion gegen einen Besuch Gorbatschows in Bonn / Weitere Generalkonsulate in Kiew und München
Bonn (ap) - Mit der Unterzeichnung von drei Vereinbarungen über regelmäßige politische Konsultationen, die Errichtung weiterer Generalkonsulate und die Verlängerung des Wirtschaftsabkommens zwischen beiden Staaten haben Bundesaußenminister Hans– Dietrich Genscher und sein sowjetischer Amtskollege Eduard Schewardnadse am Dienstag ihre knapp dreitägigen Gespräche in Bonn beendet. Schewardnadse traf sich am Vormittag noch mit dem SPD– Partei– und Fraktionsvorsitzenden Hans–Jochen Vogel sowie den Grünen–Politikerinnen Jutta Ditfurth und Petra Kelly. Am Nachmittag wollte der sowjetische Außenminister mit Bundeskanzler Helmut Kohl unter anderem über dessen Einladung an Parteichef Michail Gorbatschow sprechen. Die sowjetische Seite ist für eine „Begegnung“ des Generalsekretärs mit Kohl, hat aber offenbar Vorbehalte gegen einen Bonn–Besuch Gorbatschows. Mit dem Protokoll über Konsultationen soll der deutsch–sowjetische Dialog eine neue Qualität erhalten. Es legt die Themen und Modalitäten für einen intensiveren politischen Dialog bis hinunter zur Arbeitsebene fest und bedeutet nach einer Mitteilung des Auswärtigen Amtes, daß sich die Außenminister beider Staaten zusätzlich zu ihren Begegnungen am Rande internationaler Treffen künftig mindestens einmal im Jahr in Moskau oder Bonn sehen werden. In Krisensituationen werden sie unverzüglich Kontakt miteinander aufnehmen. Themen der Treffen werden alle wichtigen bilateralen und internationalen Fragen sein, darunter Abrüstung, regionale Konflikte, globale Probleme sowie Fragen der Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Umweltschutz, Kultur und humanitäre Beziehungen. Die zweite Vereinbarung sieht die Errichtung von Generalkonsulaten in Kiew und München zusätzlich zu den in Leningrad und Hamburg bestehenden vor. Sie sollen gleichzeitig am 1. Januar 1989 mit jeweils höchstens 27 Mitarbeitern eröffnet werden und die Ukraine und Bayern konsularisch betreuen. Durch Noten–Austausch wurde das 1978 abgeschlossene und auf eine Geltungsdauer von insgesamt 25 Jahren angelegte deutsch–sowjetische Wirtschaftsabkommen zunächst für weitere fünf Jahre verlängert. Das Abkommen wird von beiden Seiten als Grundlage für ihre langfristigen Wirtschaftsbeziehungen angesehen und sieht nach den ersten zehn Jahren Verlängerungen im Abstand von fünf Jahren vor. Zum Bereich der Abrüstung waren sich beide Minister einig, daß alle Anstrengungen unternommen werden müßten, um den Abschluß der Verhandlungen über ein Verbot chemischer Waffen so bald wie möglich zu erreichen. Die in jüngster Zeit erreichten Fortschritte hätten das Ziel eines C–Waffen–Verbots so greifbar nahe gebracht, daß es auf dem Weg dorthin keine Umkehr mehr geben dürfe. Erörtert wurden nach Angaben diplomatischer Kreise auch politisch–administrative Hindernisse in den deutsch–sowjetischen Wirtschaftsbeziehungen, die auf beiden Seiten bestehen. Vorhaltungen wegen der sogenannten Cocom–Liste mit vom Export in die Sowjetunion ausgeschlossenen Waren militärischer Bedeutung, beantwortete Genscher mit einem Plädoyer für eine Modernisierung dieser Liste. Genscher hatte dies erstmals Anfang Januar öffentlich gefordert mit der Begründung, er wolle keine technologische Spaltung Europas. Siehe Kommentar Seite 4
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen