: Bauchlandung für Stuttgarts Rommel
■ Stuttgarts Oberbürgermeister unterliegt im Streit um die Flughafenerweiterung dem eigenen Gemeinderat / FDP schließt sich dem Nein von SPD und Grünen an / Stadt Stuttgart muß nun gegen Flughafenausbau klagen
Stuttgart (taz) – Stuttgarts Oberbürgermeister Manfred Rommel (CDU) ist sauer, und zwar gründlich. Mehrheitlich, mit den Stimmen von SPD, FDP und Grünen, hatte sich sein Gemeinderat am vergangenen Donnerstag endgültig zu einer Klage gegen den geplanten Ausbau des Stuttgarter Flughafens entschieden.
Auf Drängen der baden-württembergischen Landesregierung hatte das Stuttgarter Regierungspräsidium im letzten Herbst einen Planfeststellungsbeschluß vorgelegt, der eine Verlängerung der Start- und Landebahnen um 1.380 Meter vorsieht. Stuttgart und das Land Baden-Württemberg sind zu gleichen Teilen Eigner der ausbauwilligen Flughafengesellschaft. Der jetzige Beschluß des Gemeinderats war notwendig geworden, nachdem Oberbürgermeister Rommel einen ersten, gleichlautenden Beschluß vom vergangenen Dezember mit seinem Veto belegt und damit wirkungslos gemacht hatte. Die Einspruchsfrist vor dem Mannheimer Verwaltungsgerichtshof war wenige Stunden nach der Entschei dung abgelaufen. Mehr als zwanzig Jahre dauert der Streit um das Großprojekt, den Ausbau des Flughafens auf den Stuttgarter Fildern und die Verlegung der Autobahn München – Karlsruhe mittlerweile. Wiederholt waren die Ausbaupläne seither durch Expertengutachten, Meinungsänderungen der Landesregierung und Auflagen des Bundesverkehrsministers verändert worden.
Vor Beginn des Planfeststellungsverfahrens im vergangenen Jahr hatten mehr als 80.000 einspruchsberechtigte Bürger der umliegenden Gemeinden gegen den Ausbau protestiert. In zahlreichen Protestdemonstrationen waren Filderbauern, Interessen- und Schutzgemeinschaften und Bürgerinitiativen mit Trekkern und Transparenten in die Stuttgarter Innenstadt und vor den Landtag gezogen. Ergebnislos.
Nach Bekanntgabe des Planfeststellungsbeschlusses hatten Bauern gedroht, ihr Land – die Fildern gehören zu den fruchtbarsten Böden Europas – notfalls „mit der Mistgabel und bis zum letzten Blutstropfen“ gegen eine Enteignung zu verteidigen. Seither sind von Filderbürger, betroffenen Gemeinden und jetzt auch der Landeshauptstadt mehr als 8000 Klagen gegen den Beschluß vor dem Mannheimer Verwaltungsgerichtshof eingereicht worden. Die Kläger, zu denen nun auch die Stadt Stuttgart gegen den Willen ihres Oberbürgermeisters gehören wird, sind bereit, nach Mannheim, auch in die letzte Instanz vor den Bundesgerichtshof, nach Berlin zu ziehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen