Eichler in strenger Isolationshaft

Anwältin der Verlobten von Andreas Eichler kritisiert scharf die Haftbedingungen des unter Mordvedacht in U-Haft sitzenden Startbahngegners / Angehörige erfuhren erst durch die Medien vom Suizidversuch Eichlers  ■ Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Frankfurt (taz) – In einer Presseerklärung hat die Rechtsanwältin der Verlobten von Andreas Eichler, der wegen des Verdachts, an der Startbahn West zwei Polizisten ermordet zu haben, in U-Haft sitzt, schwere Vorwürfe an die Adresse des hessischen Landeskriminalamtes (LKA) und an die Bundesanwaltschaft (BAW) gerichtet. Nach Darstellung der Anwältin haben Beamte des LKA – am Tag nach dem Selbstmordversuch von Eichler (taz vom 30.01.88) – der Verlobten des inzwischen außer Lebensgefahr befindlichen Inhaftierten einen Hausbesuch abgestattet. Unter Ausnutzung der Schocksituation zu Ermittlungszwecken sei von den LKA-Beamten ein „Vernehmungsangebot“ unterbreitet worden. Darüberhinaus sollte Eichlers Verlobte erklären, ob sie sich vorstellen könne, warum Eichler einen Suizidversuch unternommen habe.

Diese Frage wird von Rechtsanwältin Verleih als „purer Zynismus“ bezeichnet, denn Eichler unterliege in der Haft strengster Isolation. Er dürfe an keinerlei Gemeinschaftsveranstaltungen teilnehmen und verbringe täglich 23 Stunden in Einzelhaft. Die eine Stunde Hofgang, die ihm zugestanden worden sei, müsse er alleine – „hinter einer Betonbrüstung“ – abhalten. Selbst die Teilnahme am Gemeinschaftsduschen sei ihm verwehrt worden. Besuche müßten hinter Trennscheiben stattfinden und seine Post werde zensiert. Darüberhinaus, so die Rechtsanwältin, sei Eichler „nächtlichen Schikanen“ ausgesetzt. Besuchsanträge der Verlobten seien bislang regelmäßig abge lehnt worden. Der Bundesanwaltschaft und der Anstaltsleitung warf die Rechtsanwältin vor, die Angehörigen von Andreas Eichler nicht umgehend von dem Suizidversuch Eichlers unterrichtet zu haben. So hätten die Eltern Eichlers, seine Verlobte und sein Anwalt erst am Mittag des nächsten Tages durch die Medien Kenntnis vom Selbstmordversuch Eichlers erhalten.

Frau Verleih: „Weder die Bundesanwaltschaft noch das LKA- Hessen und auch nicht die Anstaltsleitung hielten es für notwendig, die Angehörigen bzw. den Verteidiger zu verständigen.“ Die Bundesanwaltschaft hatte den Suizidversuch Eichlers am vergangenen Freitag gegenüber der taz als Resultat einer „realistischen Lageeinschätzung“ des Beschuldigten gewertet.

Eichler sei „zumindest mitverantwortlich“ für den Mord an den beiden Polizeibeamten Eichhöfer und Schwalm und an dem Mordversuch an zwei weiteren Polizisten. Nur aufgrund des „umfangreichen Tatkomplexes“ sei bislang noch keine Mordanklage erhoben worden, doch hoffe man – so BAW-Sprecher Prechtel – Eichler „in absehbarer Zeit“ den Prozeß machen zu können.