: Ohne Perspektive
■ Die DDR hat dazugelernt
Wars das? Alle 22 Mitte Januar in der DDR verhafteten Oppositionellen sind frei. Wie es weiter geht, ist völlig offen. Mindestens ein Resümee kann aus dem Umgang des DDR-Staatsapparates mit seiner Opposition gezogen werden: Er ist klüger geworden. Die blauen DDR-Reisepässe, die jetzt einigen der Oppositionellen bei der Ausreise in die BRD gewährt wurden, wie vor ihnen schon in den 70er Jahren vielen Schriftstellern, bieten der SED die Möglichkeit, denjenigen, die wirklich zurückwollen, auch noch im Westen einen Maulkorb zu verpassen, sie zu zermürben und zum Wohlverhalten zu zwingen. Schließlich wollen sie zurück.
Die Ereignisse machen aber auch noch etwas anderes deutlich: Auf die symbolische Aktion der Opposition am 17. Januar bei der Luxemburg-Liebknecht-Demonstration antwortete der SED-Staat zwar hysterisch, aber letztlich nur mit symbolischer Gewalt, ein paar Tagen Knast, psychischem Druck und Abschiebungen. Jedenfalls ist es der SED damit gelungen, Zeit zu schinden, möglicherweise bis in die Nach-Honecker-Ära.
Aber auch im Westen Deutschlands sind in diesen Wochen Widersprüche freigelegt worden, die bisher bestenfalls unter der Oberfläche lagen: Eine Interessenidentität hüben und drüben, die große Koalition der Besänftiger von SED, CDU, SPD und Teilen der Grünen, vor allem der Alternativen Liste, der gegenüber sich lediglich eine kleine politisch Demokratisierung schlicht ausblendet. Max Thomas Mehr
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