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UdSSR–USA: Abrüstung durch den Gipfel unter Zeitdruck oder nicht?

Moskau/Washington (rtr/afp) - Die sowjetische Führung ist sicher, daß bis zum geplanten Gipfel zwischen Parteichef Michail Gorbatschow und US–Präsident Ronald Reagan Ende Mai in Moskau ein Vertrag über die Halbierung der strategischen Atomwaffenarsenale unterschriftsreif sein wird. Das erklärte vorgestern ein ranghoher Regierungsvertreter bei einem (auf dieser Ebene in Moskau ungewöhnlichen) Hintergrundgespräch mit Journalisten. Im Mittelpunkt des Gespräches standen amerikanisch–sowjetisches Verhältnis und Abrüstungspolitik. Die Aussichten für ein Abkommen über die Halbierung der Atomarsenale (START) würden nur von einem amerikanischen Wunsch nach einer „Rückzugsklausel in einer Nicht–Rückzugsklausel“ verschlechtert. Damit bezog sich der Regierungsvertreter auf den ABM–Vertrag über die Begrenzung einer Raketenabwehr. Die USA und die UdSSR wollen sich verständigen, dieses Abkommen für einige Zeit zu beachten. Das würde dem US–Projekt einer Raketenabwehr im All (SDI) Grenzen setzen. Die UdSSR hat sich aber unlängst beschwert, der amerikanische Vorschlag bei den Verhandlungen in Genf sei unpräszise formuliert gewesen. Er enthalte Rückzugsklauseln, die es den USA gestatten würden, den ABM–Vertrag jederzeit zu kündigen. Die Sowjetunion, sagte der Regierungsvertreter, lehne jetzt nur noch Tests mit dem gesamten SDI– System ab. Er erklärte, die Delegationen in Genf seien bei der Festlegung derjenigen Waffen, die von dem Vertrag betroffen sein sollen, bereits ein gutes Stück vorangekommen. Nach dem Washingtoner Gipfel habe die UdSSR den Eindruck gehabt, die USA verzögerten die Genfer Verhandlungen. Außenminister Shultz habe diese Sorgen aber bei seinem Besuch Anfang der Woche zerstreut. Die UdSSR sei jetzt davon überzeugt, daß rechtzeitig zum Gipfel ein START–Vertrag auf dem Tisch liegen könne. Reagan dagegen hat am Donnerstag vor Senatoren erklärt, die START–Verhandlungen stünden wegen des Gipfels nicht unter Zeitdruck. Ein Vertrag solle erst geschlossen werden, wenn er ganz die Interessen der USA und der Verbündeten berücksichtige.

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