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Staatsdiener–Streik

■ Zur Tarifrunde im Öffentlichen Dienst

Die Gewerkschaften des Öffentlichen Dienstes haben es aufgrund des Dienstleistungscharakters ihrer Organisationsbereiche schwerer als andere Gewerkschaften, für Streikaktionen öffentliche Zustimmung zu finden, weil die BürgerInnen direkt davon betroffen sind. Die mit dem Staat verbundene Ideologie des Gemeinwohls wird schnell gegen „Staatsdiener“ mobilisiert, die sich in der letzten Woche nach langer Zeit wieder einmal mit eigenen Interessen zu Wort gemeldet haben. Deshalb werden die jetzt für Arbeitszeitverkürzung agierenden Gewerkschaften damit konfrontiert werden, daß sie ihre Forderungen gegen die veröffentlichte Meinung durchsetzen müssen. Die ÖTV versucht, dieses Motiv aufzugreifen, indem sie den Slogan „Mehr Arbeitsplätze - bessere Dienstleistungen für die Bürger“ auf ihre Plakate schreibt. Aber diese Gleichung geht nicht ohne weiteres auf. Die Öffentliche Hand ist nur in Teilbereichen aufgrund der dort verrichteten Tätigkeiten gezwungen, Arbeitszeitverkürzung durch Neueinstellungen aufzufangen. In anderen Bereichen kann sie durchaus mit Leistungseinschränkungen reagieren. Dann dauert der Bescheid vom Wohngeldamt eben noch ein bißchen länger. Natürlich ist nicht einzusehen, warum Angehörige des Öffentlichen Dienstes länger arbeiten sollen als Beschäftigte in anderen Branchen. Aber die ÖTV und die anderen Gewerkschaften des Öffentlichen Dienstes sind in besonderer Weise darauf angewiesen, die spezifischen Interessen ihrer Mitglieder mit allgemeinen, gesellschaftlichen Interessen in Übereinstimmung zu bringen. Denn nur so läßt sich öffentliche Unterstützung für die Forderungen der Staatsbeschäftigten gewinnen. Martin Kempe

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