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Irakischer Raketenterror in Teheran

■ Einschläge im Vier–Stunden–Rhythmus / Panik in der Zwölf–Millionen–Stadt / Iranische Politiker kündigen Vergeltung und Verschärfung des Krieges an / Machtprobe der Unmenschlichkeit / Der türkische Ministerpräsident Özal mußte für den Rückflug Feuerpause abwarten

Aus Manama William Hart

Die ersten drei Raketen schlugen Montag abend kurz nach sechs in der Teheraner Innenstadt ein. Riesenverwirrung in der Dämmerung. Die Menschen glaubten zuerst, irakische Flugzeuge hätten die Zwölf–Millionen–Stadt als Vergeltung für die beiden Raketenangriffe auf Bagdad in der vorhergehenden Nacht bombardiert. Als es knapp fünf Stunden später wieder zwei riesige Explosionen in der Innenstadt gab, sprach sich wie ein Lauffeuer das Gerücht herum, Irak beschieße Teheran mit Raketen. Während der ganzen Nacht und auch noch am Dienstag schlugen dann im vier Stunden– Rhythmus jeweils zwei Raketen ein. Die Menschen begannen aus der Riesenstadt zu flüchten. Im staatlichen Rundfunk wurde weiter so getan, als ob sich nichts ereignet habe. Während am Vorabend bereits eine Stunde nach dem Angriff 16 Tote gemeldet worden waren, hieß es nur, irakische Luftangriffe auf Wohnviertel hätten weitere Tote und Verletzte gefordert. Die Menschen wußten aus ausländischen Sendern bereits lange, worum es ging. Wer konnte, setzte sich in die Berge im Norden Teherans ab. Die Flugverbindungen wurden unterbrochen. Dem türkischen Ministerpräsi denten Turgut Özal war die Ehre zuteil geworden, als erster ausländischer Spitzenpolitiker Kohmeini–Nachfolger Ayatollah Montazeri in Ghom die Hand schütteln zu dürfen. Seine Gastgeber wollten ihn in Sicherheit bringen. Sie wußten natürlich, daß es sich um Raketenangriffe handelt. Stunden später ordnete der irakische Präsident Sadam Hussein dann eine zweistündige Angriffspause an, um Özal Zeit zum Rückflug zu geben. Irak behauptet, die Raketen seien aus der eigenen Rüstungsproduktion. Bereits im August vergangenen Jahres seien sie erfolgreich getestet worden und hätten eine Reichweite von mindestens 600 Kilometern. Bereits nach dem ersten Abschuß am Montag abend war das Rundfunk– und Fernsehprogramm unterbrochen worden. „Laßt die ganze Welt wissen, daß unsere Raketen die ganze Nacht hindurch Teheran treffen werden, bis die Stadt zerstört ist,“ hieß es in einem Kommunique. Die irakische Führung will es im Städtekrieg offensichtlich auf einen Poker ankommen lassen. Während noch im Januar vergangenen Jahres Irak nach mehreren Einschlägen iranischer Raketen in der Hauptstadt Bagdad einlenkte und den Städtekrieg beendete, soll diesesmal Iran zum Nachgeben gezwungen werden. Es geht Irak jedoch nicht nur um eine Machtprobe der Unmenschlichkeit und den Beweis, daß man Kohmeini auf diesem Gebiet gleichwertig ist, Irak will auch die Weltöffentlichkeit wieder für den Golfkrieg interessieren und den Weltsicherheitsrat unter Druck setzen, doch ein Waffenembargo gegen Iran zu verhängen. Ob die Rechnung mit dem Tode aufgeht, ist noch nicht entschieden, denn der iranische Rundfunk forderte die Bevölkerung Bagdads auf, die Stadt zu räumen. „Wir werden in der Tat zeigen, wer die Macht hat. Die Welt hat erlebt: Die Vergeltungskraft gehört der iranischen Nation“, hieß es im staatlichen Rundfunk, der Stimme der islamischen Republik Iran.

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