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Druck und Drohungen in der UN–Kommission

■ Der US–Botschafter und Exilkubaner Armando Valladares versucht, in der UN–Menschenrechtskommission eine Mehrheit für die US–amerikanische Anti–Kuba–Resolution durchzusetzen / Druck und Drohungen gegen Westeuropäer und Dritte Welt–Staaten

Aus Genf Andreas Zumach

Mit massivem Druck und Drohungen versuchen die USA in der Genfer UNO–Menschenrechtskommission, eine Mehrheit für ihre gegen Kuba gerichtete Resolution zu erreichen. Die Abstimmung ist gestern früh aus Zeitgründen auf Donnerstag morgen verschoben worden. „Gegenstimmen oder Enthaltungen wären ein feindlicher Akt gegen die Vereinigten Staaten“, erklärte US–Botschafter Armando Valladares am Donnerstag in einer streng vertraulichen Sitzung der Delegationschefs der elf westlichen Länder. Dazu gehören neben den USA und Japan Italien, Portugal, Irland Spanien, Belgien, Frankreich, Norwegen, Großbritannien und die Bundesrepublik. Die Äußerung wurde am Wochenende durch übereinstimmende Berichte von Delegationsmitgliedern dreier westlicher Staaten bekannt. Der Vertreter ei nes weiteren Landes erklärte, es sei „rauh“ zugegangen. Die Diplomaten bestanden jedoch auf Anonymität und Nichtnennung ihrer Länder. Nach ihrer Darstellung hat Valladares für den Fall von Ungehorsam indirekt mit finanziellen Konsequenzen gedroht. Der US–Botschafter erinnerte an Indien, dessen Antrag auf Nichtbefassung im vergangenen Jahr eine Kuba–Resolution der USA mit 19 zu 18 Stimmen zu Fall gebrachte hatte, und erklärte: „Wir haben Indien daraufhin 15 Millionen Dollar zugesagter Entwicklungshilfe gestoppt.“ Die amerikanische Drohgebärde in der westlichen Gruppe richtet sich vor allem gegen Spanien, das in den Augen der USA noch ein unsicherer Kantonist ist. Alle anderen westlichen Staaten, darunter die BRD, gelten als Unterstützer der Resolution. Auch Delegationsmitglieder dreier afrikanischer Staaten, die ebenfalls ungenannt bleiben wollten, berichteten von massivem Druck - sowohl in Genf wie auf ihre Regierungen. Vertreter anderer Dritte–Welt–Staaten äußerten inzwischen die Befürchtung, daß einige afrikanische Staaten diesem Druck nachgeben und für die US–Resolution stimmen werden. Die USA habe mit der völligen Einstellung von Entwicklungshilfe gedroht. Die ursprüngliche Fassung des Resolutionsentwurfes enthielt eine Verurteilung Kubas. Mangels Unterstützung hat die USA sie bereits entschärft und verlangt jetzt nur noch eine Untersuchung der Menschenrechtssituation in Kuba, die dann auf der Sitzung der Menschenrechtskommission 1989 vorgelegt werden soll. Aus der Reihe der lateinamerikanischen Staaten, die im vergangenen Jahr gegen die USA gestimmt hatten, deutete Costa Rica inzwischen die Absicht zur Enthaltung an. In der argentinischen Delegation gibt es entsprechende Diskussionen. Aber die Mehrheit für die USA ist immer noch unsicher. Für sie steht viel auf dem Spiel, nachdem die Regierung Reagan ihre gesamte Energie während der seit 1.Februar tagen den Kommission auf Kuba verwandt hat. Schon die Ernennung des Exilkubaners Valladares - der erst 1987 US–Staatsbürger wurde und kein Wort Englisch spricht - zum Delegationschef war auf das Mißfallen auch vieler befreundeter Staaten gestoßen (siehe taz v.13.2.88). Inzwischen hat sich bestätigt, daß die USA entgegen anderslautenden Ankündigungen zu keinem anderen Thema eine Resolution eingebracht haben. Sie stimmten gegen eine Verurteilung der Menschenrechtsverletzungen in Südafrika - übrigens zusammen mit der BRD und Großbritannien. Seine Enthaltung beim Thema „Israel/besetzte Gebiete“ begründete Valladares auf einer Pressekonferenz Ende Februar mit „extremer Resolutionssprache wie Genozid und dergleichen“. Im gleichen Atemzug beschuldigte er jedoch die Sandinisten in Nicaragua des „Völkermordes an den Misquito–Indianern“. Die seit Wochen tobende diplomatische Auseinandersetzung zwischen den USA und Kuba trägt inzwischen bizarre Züge und absorbiert einen großen Teil der Medienaufmerksamkeit. In fast täglichen Pressekonferenzen geht es dabei vor allem um die Person Valladares, der 20 Jahre unter Castro im Gefängnis gesessen hat. Den Vorwurf, er sei Geheimpolizist und Folterer unter Diktator Battista und später an einer Verschwörung gegen Castro beteiligt gewesen, versuchte das US–State–Department mit einem umfangreichen Dossier voller Details zu entkräften. So sei zum Beispiel der Polizeiausweis Valladares aus dem Jahre 1958 mit der Größenangabe 167 Zentimeter gefälscht, da Kuba erst 1962 das Messen in Inch und Yard abgeschafft habe. Unter Berufung auf Berichte der US–handelskammer belegte daraufhin die kubanische Delegation, daß auf der Zuckerinsel schon „1880 das metrische System eingeführt wurde“. Im übrigen sei Valladares in der Haft nicht gefoltert worden - woraufhin dieser auf seiner letzten Pressekonferenz den Korrespondenten der Nachrichtenagentur Reuter stellvertretend für die anderen 400 Journalisten seine angeblichen Folternarben befühlen ließ.

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