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DGB will verhandeln

■ Es soll um Arbeitszeitverkürzugnen gehen, für die „sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer Opfer im Interesse einer Umverteilung der Arbeit auf die Arbeitslosen bringen“ müßten / Unternehmer wollen nicht

Berlin (taz) - Nach anfänglichem Zögern hat der Deutsche Gewerkschaftsbund jetzt seine Bereitschaft erklärt, in einem Spitzengespräch zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern über größere Arbeitszeitverkürzungen zu verhandeln, für die sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer Opfer im Interesse einer Umverteilung der Arbeit auf die Arbeitslosen bringen müßten. In einem Interview erklärte der stellvertretende DGB–Vorsitzende Gustav Fehrenbach (CDU) am Freitag zu entsprechenden Äußerungen von Arbeitgeberpräsident Klaus Murmann, der ein Spitzengespräch zwischen Arbeitgebern, Gewerkschaften und Regierung nach Abschluß der laufenden Tarifrunde im Öffentlichen Dienst gefordert hatte. Fehrenbach schloß auf gewerkschaftlicher Seite eine „Solidartitätsaktion für die Arbeitslosen“ nicht aus, forderte dazu aber von den Unternehmern zeitweiligen Gewinnverzicht und eine verbindliche Einigung, wieviel Arbeitsplätze bei Einführung der 35–Stunden–Woche in welchem Zeitraum geschaffen werden können. Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Tyll Necker, will dagegen von Arbeitszeitverkürzung überhaupt nichts wissen. Weder mit noch ohne Lohnausgleich würde dadurch mehr Arbeit geschaffen. Er betrachte die vom saarländischen Ministerpräsidenten Lafontaine ausgelöste Debatte „mit gemischten Gefühlen“. Der Ehrenvorsitzende der SPD, Willy Brandt, dagegen hat Lafontaine, der gleichzeitig stellvertretender SPD–Vorsitzender ist, den Rücken gestärkt. Es sei Lafontaines Verdienst, „daß wieder über das Krebsübel Arbeitslosigkeit gesprochen wird“, meinte Brandt am Donnerstag abend im ZDF. Es gehe bei der Diskussion um den Lohnausgleich bei Arbeitszeitverkürzung, nicht um Lohnverzicht, sondern um den Verzicht auf Zuwachsraten. Die Kritik der Gewerkschaften an den saarländischen Ministerpräsidenten Lafontaine ist dagegen unvermindert heftig. Die Vorsitzende der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), Monika Wulf–Mathies, beschuldigte den saarländischen Ministerpräsidenten erneut, der ÖTV in der laufenden Tarifrunde in den Rücken gefallen zu sein. Er habe mit „theoretischen Flügelschlägen praktisches Handeln“ torpediert. Die IG Metall fordert unterdessen die SPD auf, die „Lohnverzichtskampagne“ zu stoppen. Die IG Druck und Papier sprach im Zusammenhang mit Lafontaines Vorschlag, bei höheren Einkommensgruppen auf den Lohnausgleich bei Arbeitszeitverkürzung zu verzichten, von einem „Geschenk an die Unternehmer“.

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