Dänemark: Jede Woche kracht eine Bank

■ Serie von Fusionen und Schließungen / Verluste werden auf Steuerzahler umgelegt

Kopenhagen (taz) - Für die dänischen Banken hat das Jahr 1988 gar nicht gut begonnen. Kaum eine Woche ist vergangen, ohne daß eine Bank dicht machen mußte oder von einem Konkurrenten kurz vor dem drohenden Bankrott aufgekauft worden ist. Die Unruhe der Geldanleger steigt ebenso wie die Kritik an der Bankenaufsicht und an einem überholten Bankengesetz. Wohl in keinem westeuropäischen Land gibt es so viele Kleinbanken und eine solche Bankendichte. Nur 1.500 Einwohner entfallen statistisch auf eine Bankfiliale. Schon bei einem Grundkapital von nicht mehr als umgerechnet etwa sieben Millionen Mark kann eine Bank gegründet werden. Zwei, drei „faule“ Kreditkunden, deren Kredite platzen, können da ausreichen, um die Bank zu „sprengen“. Als kürzlich drei Brüder eine Fahrradfabrik in den Sand setzten und mit fast 100 Millionen Mark Schulden bei zehn verschiedenen Kleinbanken Konkurs anmeldeten, blieben gleich eine ganze Reihe von Geldhäusern auf der Strecke. Kleine Sparkunden sind zwar durch einen Einlagenfonds geschützt. Trotzdem sind die dänischen Banken durch die ständigen Pleiten so ins Gerede gekommen, daß unsicher gewordene Anleger ihr Geld immer lieber im Ausland „arbeiten“ lassen. Die verlockenden Anzeigen in bundesdeutschen Zeitungen, doch das Geld in Dänemark anzulegen, können diesen Abfluß nicht ausgleichen. Die Pleitewelle geht einher mit einer immer stärker werdenden Konzentration zugunsten der wenigen Großbanken. Schon jetzt beherrschen die „drei Großen“ 50 Prozent des Kreditmarkts, die zehn größten Banken kontrollieren 82 Prozent. Lahmende oder schon zahlungsunfähige Klein– und Mittelbanken sind für die Großen allemal interessant. Zum einen darf das Feld nicht einem der Mitkonkurrenten überlassen werden, zum anderen aber auch lassen sich durch die Übernahme einer bankrotten Bank die „Verluste“ so schön „sozialisieren“. Fusioniert nämlich eine Bank mit einem voll in den roten Zahlen hängenden Konkurskanditaten, können die Papierverluste der übernommenen Bank als eigene Verluste der übernehmenden Bank deren Steuerschuld entsprechend mindern. Die Erfolge einer Mißwirtschaft werden über entgangene Steuerzahlungen oder gar Steuerrückerstattungen gleichmäßig auf alle Steuerzahler verteilt. Bei dem Krach einer mittelgroßen Bank, wie im vergangenen Jahr der „6. Juli Bank“, wurden so die Verluste von mehreren hundert Millionen Kronen aus einigen wenigen geplatzten Kreditgeschäften auf die Garantiefonds und die Steuerkasse verschoben. Gewinner ist allein die übernehmende Bank, die nicht nur einen Mitkonkurrenten los wird, sondern dafür auch unter dem Strich nichts zu zahlen hat. Dabei meinen Wirtschaftsexperten, daß dies erst der Anfang einer Konzentrationswelle ist, die zum Resultat haben werde, daß in fünf Jahren nur noch jede vierte der jetzt bestehenden Banken übrig geblieben sei. Derweil werden die Vorteile des Konzentrationsprozesses langsam aber sicher durch die Nachteile zunichte gemacht. Per Bendix, ein Chefbanker der „Handelsbanken“: „Über die Klein– und Mittelbanken hinaus merken mittlerweile auch wir Großbanken, daß das mangelnde Vertrauen in die dänischen Banken Auslandsgeschäfte immer schwieriger macht.“ Und bei schlechten Geschäften hört natürlich die Gemütlichkeit auf. Reinhard Wolff