Eine zerstörte Wirtschaft

Johannesburg (taz) - Ausländische Journalisten, so sie überhaupt die Einreisegenehmigung für Angola bekommen, können die Hauptstadt Luanda nur selten verlassen. Denn im größten Teil des Landes sind sie vor Angriffen der Rebellen der UNITA (“Union für die vollkommene Unabhängigkeit Angolas“) nicht sicher. Als Anfang März dieses Jahres eine Gruppe von Korrespondenten das Land besuchen durfte, war man um ihre Sicherheit in höchstem Maße besorgt. Ihrem Flugzeug flog ständig ein Hubschrauber voraus, der das Terrain sondieren sollte. Schon seit der Unabhängigkeit im November 1975 wütet der Bürgerkrieg in Angola. Der fluchtartige Rückzug der Portugiesen ließ keine Zeit für eine geordnete Übergabe der Regierungsmacht an die Angolaner. Die MPLA (“Volksbewegung für die Befreiung Angolas“) kontrollierte kurz vor dem Ende der Kolonialherrschaft der Portugiesen das Gebiet um die Hauptstadt. Das erleicherte der MPLA zwar, die Regierungsgewalt zu übernehmen, es reichte jedoch nicht, um das riesige Land (Angola ist sechsmal so groß wie die Bundesrepublik) effektiv zu verwalten und zu kontrollieren. Mit der Unterstützung Südafrikas und der USA ist es deshalb den UNITA–Rebellen gelungen, die Wirtschaft des Landes fast vollkommen zu zerstören. Inzwischen kontrolliert die UNITA etwa ein Drittel des Landes im Südosten, an den Grenzen zu Namibia und Sambia. Im Rest des Landes kommt es ständig zu Angriffen. Eisenbahnlinien, vor allem die wichtige Ben guela–Linie, sind zum größten Teil stillgelegt. Straßen sind nur noch begrenzt befahrbar. Ein akuter Mangel an qualifizierten Arbeitskräften und die verfehlte Kollektivierungspolitik der 1977 zur marxistisch–leninistischen „Partei der Arbeit“ avancierten MPLA haben den wirtschaftlichen Rückgang nur noch beschleunigt. Lediglich die Erdölproduktion hat rapide zugenommen, von 130.000 Barrel täglich 1980 auf 400.000 Barrel 1987. Angola verdient 90 Prozent seiner Devisen durch den Export von Öl, das paradoxerweisee vor allem von den amerikanischen Konzernen Chevron und Texaco gefördert wird. Die Förderung von Diamanten ist hingegen auf ein Drittel der vor der Unabhängigkeit produzierten Menge zurückgegangen. Außerdem ist es UNITA durch Überfalle auf Diamantenminen gelungen, ihre Einnahmen zu erhöhen. Angola produziert inzwischen nur noch fünf Prozent der Kaffeemenge, die in den frühen siebziger Jahren, als das Land der viertgrößte Kaffee–Exporteur der Welt war, hergestellt wurde. Ähnlich sehen die Statistiken für Konsumgüter im Binnenmarkt aus. Die meisten der 8,5 Millionen Einwohner Angolas leben in größter Armut. Angola brauchte 1987 116 Millionen US–Dollar an internationaler Lebensmittelhilfe, und das Land hat eine der höchsten Kindersterblichkeitsraten der Welt. Aufgrund des Bürgerkrieges sind große Teile des Landes, daß ohnehin nicht dicht besiedelt war, inzwischen vollkommen verlassen. Das Rote Kreuz schätzt, daß mehr als 30.000 Menschen 1987 bei Explosionen von Landminen ein oder sogar beide Beine verloren haben. Wirtschaftlich hat die MPLA– Regierung unter Präsident Eduardo Dos Santos seit Anfang 1987 jedoch vorsichtig einen neuen Kurs eingeschlagen. Ein Antrag auf Mitgliedschaft im Internationalen Währungsfonds ist gestellt. Investitionsanreize sollen westliche Konzerne nach Angola locken und scharfe Sparmaßnahmen die Außenhandelsbilanz ausgleichen. Auch private Kleinbetriebe werden inzwischen zugelassen. Doch solange der Bürgerkrieg nicht beendet ist, bestehen wenig Chancen, die katastrophale Situation zu bewältigen. Immerhin hat hat der Krieg in den letzten 12 Jahren mindestens 60.000 Menschenleben und etwa 12 Milliarden Dollar gekostet. Hans Brandt