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Erste Strafforderung für Hamadi

■ Bundesanwaltschaft begann mit Plädoyers im Hamadi–Prozeß / Wegen Beteiligung an der Entführung von Cordes und Schmidt überführt / Verteidigung Hamadis wirft Bundesregierung Einflußnahme vor

Aus Düsseldorf J. Nitschmann

Der 29jährige Deutsch–Libanese Abbas Hamadi ist nach Auffassung der Bundesanwaltschaft während des Staatsschutz–Prozesses vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf der Beteiligung an der Entführung der beiden bundesdeutschen Geschäftsleute Rudolf Cordes und Alfred Schmidt überführt worden. Die Bundesanwaltschaft hat gestern zunächst eine Einzelstrafe von zwei Jahren und drei Monaten wegen Sprengstoff– und Luftverkehrsvergehen gefordert. Zu Beginn ihres auf zwei Tage terminierten Plädoyers erklärte die Bundesanwaltschaft am Dienstag nachmittag, die Beweisaufnahme an den vorausgegangenen 28 Verhandlungstagen habe zweifelsfrei ergeben, daß zwischen den Sprengstoffvergehen des Angeklagten und der Entführung von Cordes und Schmidt „ein innerer Zusammenhang besteht“. Mit dem von dem Angeklagten aus dem Libanon in die Bundesrepublik per Flugzeug eingeschmuggelten hochexplosiven Sprengstoff Metyl–Nitrat seien „schwerste Terror–Straftaten“ geplant gewesen, sagte Staatsanwalt Hartmut Reibold. Abbas Hamadi habe sich spätestens seit Ende 1986 „zunehmend mit dem Kampf“ der radikal– schiitischen Hizbollah (“Partei Gottes“) identifiziert und sich daran mit den ihm in dem Düsseldorfer Verfahren zur Last gelegten Taten beteiligt. Während sich der Hoechst–Manager Cordes noch heute in den Händen der Hizbollah befindet, war Schmidt im September vergangenen Jahres von seinen Kidnappern im Libanon freigelassen worden. Nach der Anklageschrift der Bundesanwaltschaft sollte die Bundesregierung durch die Entführung von Cordes und Schmidt genötigt werden, den wegen der Entführung eines amerikanischen Linienflugzeuges in der Frankfurter Justizvollzugsanstalt einsitzenden Bruder des Angeklagten, Mohammad Hammadi, nicht an die USA auszuliefern. Ihren Gesamtstrafantrag gegen Abbas Hamadi wird die Bundesanwaltschaft erst am Ende ihres Plädoyers am heutigen Mittwoch nachmittag stellen. Vor Beginn des Plädoyers der Bundesanwaltschaft hatte die Verteidigung Hamadis den Vorwurf erhoben, daß die Bundesregierung durch die Nichterteilung von Visa für libanesische Zeugen Einfluß auf den Düsseldorfer Staatsschutz–Prozeß genommen habe. Während die Bundesregierung für den Libanesen Bassem el Meis, der nach Zeugenaussagen konkrete Kenntnisse über den Kreis der Entführer von Cordes und Schmidt haben soll, ein Visa ablehnte, gewährte sie am Dienstag nachmittag überraschend die Einreisegenehmigung für die Angestellte einer Beiruter Fluggesellschaft. Das Gericht verzichtete schließlich dann jedoch auf die Ladung dieser Zeugin. Es unterstellte den Inhalt des Beweisantrages der Verteidigung als wahr, daß Abbas Hamadi bereits mehrere Stunden vor der Cordes–Entführung am Abend des 17. Januar 1987 ein Ticket für den Rückflug aus Beirut in die Bundesrepublik gelöst habe, an diesem jedoch von zwei Hizbollah–Mitgliedern unter Gewaltanwendung gehindert worden sei. Den gesamten Vorgang könne die Flughafenangestellte Elham Rahal bekunden, erklärten die Verteidiger.

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