„Unsere Völker sind vom Uran bedroht“

■ Anläßlich des zweiten Jahrestags der Katastrophe von Tschernobyl sind neun VertreterInnen von durch Uranabbau gefährdeten Ureinwohnern in Europa / Die Informationsreise führt durch die BRD und die Schweiz

Aus Basel Thomas Scheuer

Meldungen über ungenießbares Gemüse, ungelöste Entsorgung, undichte Anlagen und Fässer, Dauerniedrigstrahlung, Pannen und Beinahe–Katastrophen - sie gehören zum Atom–Alltag Europas. „Der sauberste Teil des Nuklearzyklus, nämlich die Atomkraftwerke, befindet sich bei euch“, bilanziert James Garrett, „wir haben den Schmutz.“ James Garrett ist Sioux–Indianer aus South Dakota. Im letzten Jahrhundert wurden seine Vorfahren aus den legendären „Black Hills“ vertrieben, nachdem Weiße dort Gold entdeckt hatten. Heute wird dort Uran abgebaut. Rund drei Viertel der geschätzten weltweiten Uranvorkommen liegen in Gebieten, die von sogenannten Ureinwohnern bewohnt werden. Eine Delegation von neun VertreterInnen betroffener Völker startete zu Beginn dieser Woche eine bislang beispiellose vom BUND und der Gesellschaft für bedrohte Völker organisierte Informationsreise durch die BRD und die Schweiz, um auf die Folgen der Uranminen für Mensch und Natur aufmerksam zu machen. Erste Stationen waren Basel und Freiburg. Zeitlicher Anlaß der dreiwöchigen Info–Tournee unter dem Motto „Das Uran muß in der Erde bleiben - denn es wird Mensch und Natur töten“ ist der zweite Jahrestag der Katastrophe von Tschernobyl, aber die Gesellschaft für bedrohte Völker erinnert auch an die Deklaration der Menschenrechte von 1984. Der Wert der Uranvorkommen unter der Erde South Dakotas wird auf 800 Milliarden Dollar geschätzt. Für jedes dort gewonnene Kilogramm reines Natururan bleiben 750 Kilogramm strahlender Schutt auf den Abraumhalden zu rück. In ihnen sieht James Garrett die größte Gefahr, da radioaktive Partikel über die Luft (Staub) und über das Wasser in die Nahrungskette der dortigen Bevölkerung gelangen. Aus offiziellen Daten der US–Umweltbehörde haben die Kritiker des Uranabbaus 400 Todesfälle durch Lungenkrebs pro Jahr hochgerechnet. Für James Garrett ist klar, daß die 38 von 100 Totgeburten und die 30 bis 60 Prozent Säuglinge, die mit kranken Lungen geboren werden, auf das Konto der Uranschürf–Gesellschaften gehen. Die Cree–Indianerin Adele Rapp, die aus dem kanadischen Saskatchewan stammt, das sie als „das Saudi–Arabien des Urans“ bezeichnet, bringt solche Fakten und Details auf den Punkt: „Unsere Völker sind wegen des Uran– abbaus praktisch vom Untergang bedroht.“ Da die Cree–Indianer noch vorwiegend von der eigenen Jagd und dem Fischfang leben, sind sie von der schleichenden Verseuchung und Verschandelung ihrer Umgebung durch die strahlenden Schutthalden existentiell bedroht. Garretts und Rapps Reisekollege Richard Brooks ist australischer Aborigine. Die Kokotha– und Pitjantjatjara–Stämme in den südlichen Zipfeln des Kontinents kämpfen ebenfalls gegen die Folgen des Uranabbaus, haben jedoch schon viel früher leidvolle Erfahrungen mit dem militärischen Zwilling der Atomnutzung machen müssen: In den fünfziger Jahren führten die Briten dort Atombombentests durch. Die „Dritte Welt“ als Testgelände - ein Skandal, über den vor allem die polynesischen Teilnehmer der Reise– Kampagne berichten, deren Atolle noch heute von den französischen Atommächtigen zerbombt und verseucht werden. RedakteurInnen frühling in der taz die frauen brechen aus deshalb sucht die auslandsredaktion zwei Wir wünschen uns Kolleginnen und Kollegen, die nicht nur selbst schreiben, sondern auch mit den Texten anderer umgehen können. Auslandserfahrung und einschlägige Sprachkennt– nisse müssen mitgebracht werden wir bieten dafür taz–übliches Gehalt, sechs Wochen Urlaub und die Chance, die spannendste Tageszeitung der Republik mitzugestalten. Bewerberinnen werden bevorzugt eingestellt. F Ü R D I E B E R E I C H E „ W E S T E U R O P A „ U N D „ A S I E N U N D A F R I K A „ SCHRIFTLICHE BEWERBUNGEN MIT ARBEITSPROBEN UND WERDEGANG BITTE BIS ENDE APRIL 1988 AN: THOMAS SCHMID, AUSLANDSREDAKTION, WATTSTRASSE 11–12, 1000 B E R L I N 65