Q U E R S P A L T E Petri Heil

■ Ein schmerzhaftes Urteil

„Kreatur, Du leidest!“ soll Friedrich Nietzsche gerufen haben, als er dem Pferd um den Hals fiel, um es vor den Peitscheshieben zu schützen. Soviel Mitgefühl kann von einem deutschen Sportangler niemand verlangen. In dessen gemütlichen Hirnkastl gilt für den Fisch dasselbe wie für Indianer: Er kennt keinen Schmerz. Den Angelhaken frißt er aus reinem Vergnügen, und er kennt keine größere Freude als sich „Gewebe, Muskulatur, Sehnen und Knochen der vorderen Schnauzenregion“ durchbohren zu lassen. Nur das Schlucken des Hakens und das „Zerreißen der Eingeweide“ bereitet noch intensivere Gefühle. Das Hammer Gericht hat jetzt die Leidensfähigkeit des Fisches anerkannt und sich damit die furchterregende 1,2 Millionen–Armada der bundesdeutschen Rutenträger zum erbitterten Feind gemacht. Sonntag für Sonntag pflegten die Angler unbehelligt ihre Neurosen bei erbitterten Duellen mit wilden Forellen, arglistigen Brachsen, trickreichen Äschen und wuchtigen Karpfen inklusive feuchtfrühlichem Ausklang in geselliger Runde. Dieses vorletzte Feuchtgebiet bundesdeutscher Vereinsmeierei ist jetzt der Tierquälerei überführt. Angeln ist nur dann Tierquälerei, wenn der Fisch hinterher nicht verwertet wird, hat das Gericht entschieden. Doch da sich viele Flüsse und Seen in stinkende Emissionsträger verwandelt haben, werden auch die dort gefangenen Fische immer seltener verwertet, sprich verspeist. Ergo: Angeln in Rhein, Elbe, Emscher, Nordsee usw. ist entweder Tierquälerei oder Suizid. Den Anglern bleibt nur ein Ausweg: Sie müssen für saubere Gewässer sorgen und die Chemie–Industrie auf den Haken nehmen. Petri Heil! Manfredo