Billige Härte?

■ Zum Urteil im ersten Hamadi–Prozeß

13 Jahre für den angeblich der Beteiligung an der Entführung von Cordes und Schmidt überführten Ali Abbas Hamadi. Ein Urteil, mit dem der Strafantrag der Staatsanwaltschaft sogar noch überschritten wird - mutig, Zweifel an diesem Eindruck sind angebracht. Zum einen sind 13 Jahre als Ergebnis eines wackligen Indizienprozesses nicht von Pappe. Schaut man sich an, was Richter Arend und seine Kollegen an Beweisen wirklich zu bieten haben, ist der Verdacht nicht von der Hand zu weisen, der äußere Druck habe für den Angeklagten statt eines Bonus einen Malus nach sich gezogen. Was psychologisch noch erklärlich ist, rückt - gerade gemessen an der Beweiswürdigung eines rechtsstaatlichen Verfahrens - in den Dunstkreis der politischen Rachejustiz, wenn man den Kontext des Verfahrens genauer betrachtet. Für die Entführer in Beirut ist Ali Abbas Hamadi, der seit Jahren in der BRD lebt und einen deutschen Paß hat, eine Randfigur. Ihr Interesse gilt dem jüngeren Bruder Mohammad, den sie als Held des Befreiungskrieges zurückhaben wollen. In genauer Kenntnis davon, an welchem Faden das Schicksal des Hoechst–Managers Cordes hängt, hat die Bundesregierung erst die Auslieferung Mohammads an die USA verweigert und dann dafür gesorgt, daß er vor ein Jugendstrafgericht gestellt wird - beides Maßnahmen zur Besänftigung der Entführer, Vorsorge für eine weiche Landung. Umso mehr konnte man im Falle Ali Abbas Hammadi die unabhängige Justiz herauskehren und hart zuschlagen. Das ist billig. Jürgen Gottschlich