piwik no script img

Rheinhausen: Tag der Entscheidung

■ Das Lösungspaket für die Krupp–Hütte ist geschnürt / Belegschaftsversammlung soll heute abstimmen

Aus Düsseldorf Walter Jakobs

Bei den Verhandlungen um die Rheinhausener Krupp–Hütte ist am Sonntag abend offenbar ein Ergebnis erzielt worden, das den Stahlkochern auf der Belegschaftsversammlung am heutigen Dienstag zur Abstimmung vorgelegt werden soll. Obgleich sich alle Beteiligten penibel an die vereinbarte Vertraulichkeit hielten, wird nach dem Verlauf der Vorgespräche davon ausgegangen, daß der langfristige Erhalt des Stahlstandortes Rheinhausen in den Verhandlungen nicht durchgesetzt werden konnte. Johannes Rau, der zusammen mit dem SPD–Fraktionschef Friedhelm Farthmann an den Gesprächen zwischen den Vorständen und Betriebsräten von Krupp und Mannesmann im Kölner Crest–Hotel teilgenommen hatte, kündigte am Sonntag noch ein neues Gespräch an, damit „alle Gelegenheit haben, das zu bedenken, was wir hier erörtert haben“. Dieses „Bedenken“ - die Vorstände hielten Rücksprache mit den beteiligten Banken, die Arbeitnehmervertreter informierten Vertrauensleute, Betriebsräte und Jugendvertretung - fand am Montag und am frühen Dienstagmorgen statt. Noch kurz vor der Belegschaftsversammlung war für Dienstag ein erneutes Spitzengespräch unter Beteiligung von Rau und Farthmann vorgesehen. Ob sich die Rheinhausener Betriebsratsführung geschlossen für die Annahme des Fortsetzung Seite 2 Verhandlungspaketes auf der Belegschaftsversammlung einsetzen würde, war am Montag nicht zu erfahren. Die Rheinhausener Verhandlungsführer Manfred Bruckschen, Walter Busch und Theo Steegmann wirkten nach den viereinhalbstündigen Verhandlungen am späten Sonntagabend eher bedrückt. Noch am Sonntag nachmittag hatten Stahlkocher vor Tor 1 ihre Erwartungen an die Verhandlungen so umschrieben: „Wir haben nicht fünf Monate gekämpft, um uns von einer zeitlichen Streckung der Stillegung totschlagen zu lassen.“ Genau diese Streckung scheint aber wesentlicher Teil des Paketes zu sein. Ein Hochofen samt Stahlwerk soll offenbar bis 1991 weiterlaufen. Damit wären etwa 1.500 Arbeitsplätze verbunden. Die Beschäftigung von weiteren 700 der derzeit 5.200 starken Belegschaft war vom Krupp–Vorstand bereits angeboten worden. Gleichzeitig haben die Muttergesellschaften von Krupp und Mannesmann offenbar die Ansiedlung neuer Betriebe in Rheinhausen sehr konkret zugesagt. Darüber hinaus scheinen sich beide Unternehmen mit Unterstützung des Landes an den von der IG–Metall geforderten Beschäftigungsgesellschaft beteiligen zu wollen. Wieviel Ersatzarbeitsplätze in welchem Zeitraum in Rheinhausen damit verbunden wären, steht dahin. Tendenziell scheint sich die Lösung aber in Richtung des frühen Farthmann–Vorschlages zu bewegen. Der Abbau, so Farthmann Anfang Februar, sei nur dann „hinnehmbar“, wenn zugleich „neue Arbeitsplätze eingerichtet werden“. Eine Position, die im Krupp–Betriebsrat von vielen geteilt wurde.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen