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MBB schießt quer

■ Ein neuer Plan aus Bonn will Daimler zu 30 Prozent an MBB und zu 10 Prozent an der Deutschen Airbus beteiligen / Strauß soll Chef des Aufsichtsrats bleiben

Hannover (rtr/taz) - Ziviler und militärischer Flugzeugbau sollen sich auch weiter gegenseitig befruchten können. Mit dieser Begründung hat MBB–Chef Hanns Arnt Vogel auf der Internationalen Luftfahrt–Ausstellung in Hannover einen neuen Anlauf für die Beteiligung von Daimler–Benz an dem Luft– und Raumfahrtkonzern abgeblockt. Der neue Vorschlag ist ein Kompromiß zwischen Daimlers Begehren, mit dem Fiasko– Betrieb Airbus möglichst überhaupt nichts zu tun zu haben, und dem Bestreben von Bundeswirtschaftsminister Bangemann, Daimler irgendwie am Airbus zu beteiligen. Nach dem in Bonn ausgehandelten Plan soll der komplette MBB–Unternehmensbereich Transportflugzeuge (UT) aus dem Konzern ausgegliedert und in eine Airbus–Produktionsgesellschaft überführt werden. Daraufhin müßte Daimler den bisherigen Anteilseignern von MBB - vor allem den Bundesländern Bayern, Bremen und Hamburg - 30 Prozent des Grundkapitals abkaufen. Bund und Länder wiederum sollen 70 Prozent des Kapitals der Airbus–Produktionsgesellschaft übernehmen; die restlichen 30 Prozent bleiben bei MBB. Daimler wäre dann also indirekt zu 10 Prozent am bundesdeutschen Teil des Airbus beteiligt. Würde Daimler zustimmen, bedeutet das eine Abkehr von der bisherigen Firmenpolitik. Doch die ist für die Stuttgarter verlockend geworden, seit sich der Verteidigungsausschuß des Bundestages für die Beschaffung des europäischen Kampfflugzeuges „Jäger–90“ ausgesprochen hat. Das Projekt, das 26,5 Milliarden Mark kostet (Vogel: „Preis der Freiheit“), füllt auch bei MBB ab 1995 die Kassen. 5 Millionen Mark Gewinn bei einem Umsatz von 6,2 Milliarden Mark (plus 10 Prozent) hat MBB im vergangenen Jahr gemacht, gab Vogels bekannt. 1986 hatte MBB noch mit 101 Millionen Mark in der Kreide gestanden. Im laufenden Jahr soll der Umsatz auf mehr als 7,5 Milliarden Mark, 1990/91 auf 9 Milliarden steigen. Über zu erwartende Gewinne mochte Vogels nichts sagen. Spätestens in kommenden Monat wird das Management der europäischen Airbus Industrie (AI) entscheiden, ob es neben der Zusammenarbeit mit McDonnell Douglas (MDD) auch zu einer Kooperation mit Lockheed kommen soll. Mit MDD wird vor allem die gemeinsame Entwicklung neuer Flugzeuge beraten, die Boeing Konkurrenz machen sollen. Bei Lockheed gehe es hingegen um den gemeinsamen Bau einer „gestreckten“ Version des Airbus A–320, dessen Produktion bereits angelaufen ist, sagte Airbus–Manager Heribert Flosdorff auf der ILA. Die meisten Bauteile sollen von den Airbus–Firmen aus Europa geliefert werden. Für den US–Partner seien die Endmontage und der Innenausbau vorgesehen. Der Aufsichtratsvorsitzende Franz–Josef Strauß wird der Airbus Industrie wohl erhalten bleiben, nachdem sich sowohl die bundesdeutschen als auch die französischen Anteilseigner für dessen Verbleib ausgesprochen haben. Zusammen halten MBB und Aerospatiale 76 Prozent an AI. Über einen Rückzug von Strauß aus dem Aufsichtsrat war spekuliert worden, nachdem ihn die „Vier Weisen“ in einem Gutachten diplomatisch aufgefordert hatten, er solle dem Airbus deutlich mehr Zeit als bisher widmen. Die vier Unternehmensberater aus der BRD, Frankreich, Großbritannien und Spanien hatten sich für eine deutliche Straffung der Airbus–Organisation und des Aufsichtsrates ausgesprochen - das Euro–Unternehmen soll eine Art Aktiengesellschaft werden. Kernpunkt ist der neue Posten eines Finanzchefs im Vorstand. Der soll erstmals eine Gesamtbilanz von Airbus Industrie erstellen. An der soliden Wirtschaftsführung seines Unternehmens wollte Flossdorf nicht rütteln lassen - an dem Eindruck, daß bei Airbus Geld verschwendet werde, habe die Presse schuld. diba DARAUCHTDERSCHORNSTEIN

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