taz–Redakteure freigelassen

■ In Berlin kam Wiglaf Droste auf Druck von Oben frei Roland Hofwiler aus Zagreb nach Haft abgeschoben

Berlin (taz) - Die Wucht jener Steine, die taz–Redakteur Wiglaf Droste angeblich gegen West– Berliner Polizisten geschleudert haben soll, muß erstaunlich groß gewesen sein. Mindestens ein Stein landete mitten im Hauptgebäude des jugoslawischen Staatssicherheitsdienstes in Zagreb. Dort saß bis Dienstag mittag der Osteuropakorrespondent der taz, Roland Hofwiler, in Haft. Seine Verhörer hielten ihm die Meldung einer jugoslawischen Zeitung vor, Kollege Droste sei „des Steinwurfs überführt“. Ob denn alle taz–Mitarbeiter zugleich auch Steinewerfer seien? Am Dienstag wurde Roland Hofwiler dann von den Zagreber Behörden nach München abgeschoben. Wegen des „Besitzes einer illegalen Radio–Station“, Einfuhr von Kassetten und Nicht–Anmeldung seines Wohnsitzes hatte ihn zuvor ein Gericht zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Radio–Station war tatsächlich ein kleiner Ghetto–Blaster Marke Turbo, die Kassetten leer, und die Meldung des Wohnsitzes wäre innerhalb von 24 Stunden nach der Rückkehr Hofwilers aus Ungarn fällig gewesen, wohin er zu einer Recherche gereist war. Er wurde jedoch noch innerhalb dieser Frist am 29. April verhaftet und durfte eine Woche lang weder einen Anwalt noch Verwandte sprechen, während Polizisten seine Wohnung auf den Kopf stellten. Weniger der Besitz westlicher HiFi–Technik als die in verschiedenen osteuropäischen Zeitschriften veröffentlichten Artikel Hofwilers über Dissidenten, nationalistische Strömungen und ein Aufruf zum Boykott rumänischer Waren störten in Wahrheit die Sicherheitsorgane der Tito–Erben. Kollege Hofwiler kündigt an, weiterhin glasnostigen Journalismus in und aus Osteuropa auch für die taz betreiben zu wollen. Der taz–Redakteur Wiglaf Droste, Fortsetzung Seite 2 der im Zusammenhang mit den Kreuzberger Unruhen vom 1. Mai festgenommen worden war, wurde am Mittwoch nachmittag gegen Meldeauflage aus der Berliner Untersuchungshaft entlassen. Droste wird beschuldigt, einen Stein auf ein Polizeifahrzeug geworfen zu haben. Gegen ihn und sechs weitere, unter ähnlichen Beschuldigungen festgenommene Personen war Haftbefehl erlassen worden, weil Fluchtgefahr angenommen wurde. Mit Ausnahme eines jetzt ebenfalls entlassenen 28jährigen Studenten, der ein Geständnis abgelegt haben soll, befinden sich die übrigen weiterhin in Haft. Nach Erkenntnissen der taz wurde Droste auf Druck von oben freigelassen. Im Gegensatz zu den übrigen Beschuldigten hatte Droste aufgrund seiner taz–Tätigkeit das Glück, daß sich eine breite Öffentlichkeit für seine sofortige Frelassung eingesetzt hatte. Zahlreiche Nachfragen von Journalisten, Abgeordneten und eines ehemaligen Staatssekretärs zeigten jetzt ihr Ergebnis: Droste, der eigentlich erst am kommenden Montag Haftprüfungstermin gehabt hätte, wurde auf einem für „normale“ des Steinwurfs Beschuldigte gänzlich unüblichen Verfahrenswege aus dem Knast entlassen. Der zuständige Staatsanwalt, der gleichzeitig die presserechtlichen Ermittlungsverfahren gegen die taz bearbeitet, hatte plötzlich die Aufhebung des Haftbefehls über den Dezernatsweg veranlaßt. Er begründete dies damit, daß ihm jetzt eine schriftliche Arbeitsbestätigung Drostes bei der taz vorliege, und daß jener darüber hinaus Jurymitglied des Berliner Senatsrockbewerbs sei. Drostes Verteidiger Eisenberg zufolge ist die Arbeitsbestätigung jedoch schon eine Woche zuvor bei der Angklagebehörde eingegangen. Eisenberg vermutet, daß die Arbeitsbescheinung jetzt nur als Vorwand dafür diene, „eine Entscheidung, die mittlerweile als falsch eingestuft wird, zu korrigieren“. Die Begründung eines Justizsprechers, Drostes „Tätigkeit beim Senator für kulturelle Angelgeneiten“ sei ausschlaggebend für die Haftverschonung gewesen, ließ Wiglaf Droste selbst laut lachen: Von Anstellung könne keine Rede sein, habe er doch im letzten Jahr drei Tage in der Jury des Senatsrockwettbewerbs gesessen und dafür nur eine Aufwandsentschädigung erhalten. Er ist der Meinung, daß er seine Freilassung nur dem Umstand verdankt, „ein privilegierter Gefangener“ zu sein. thore/PLU