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„DFB bringt Stein ins Rollen“

■ Heftige Töne aus begleiteten den Deal um die Senderechte aus den Fußball–Stadien / Jetzt gehts auch ums Radio / NRW–Innenminister Schnoor: „Öffentliche Hand in die Kommerzialisierung getrieben“

Hannover/Stuttgart (dpa/ap/ taz) - Einen Tag nach dem Abschluß des 135–Millionen–Mark– Fernsehvertrages des Deutschen Fußball Bundes (DFB) mit der Bertelsmann–Tochter Ufa über die Bundesliga–Übertragungsrechte im TV zeichnete sich eine scharfe Kontroverse um die Hörfunkrechte ab. ARD–Sportkoordinator Fritz Klein bestätigte am Donnerstag ein 1,4 Millionen– Mark–Angebot des Ufa–Ablegers „Rufa“ für den Radiobereich. „Wir sind nicht bereit, für Fußball im Radio zu zahlen. Das würde bei anderen Sportarten eine Kette ohne Ende auslösen. Wenn man unseren Reportern den Zutritt in die Stadien verwehrt, werden wir die Gerichte anrufen“, erklärte Klein im Norddeutschen Rundfunk. Die Rundfunkanstalten der ARD haben bisher im Gegensatz zu privaten Radiosendern keine Honorare an den DFB gezahlt. Der Verkauf der Senderechte hat nach Ansicht des nordrhein– westfälischen Innenministers Herbert Schnoor dem Medien– Staatsvertrag der Bundesländer die Geschäftsgrundlage entzogen. Schnoor erklärte am Donnerstag in einem Interview des Westdeutschen Rundfunks, die Ministerpräsidenten hätten sich in der Vereinbarung auf eine Beschränkung der Werbezeiten für ARD und ZDF geeinigt, damit der öffentlich–rechtliche Rundfunk „finanziell nicht ein solches Übergewicht“ habe, daß er die privaten Sender in die Ecke drängen könne. Jetzt sei es jedoch umgekehrt, daß „der öffentlich–rechtliche Rundfunk finanziell nicht mithalten kann“, meinte der Minister. Schnoor betonte, durch die Entscheidung des Fußballbundes sei auch die öffentliche Hand „in die Kommerzialisierung getrieben“ worden. Während Schwertransporte auf der Autobahn nur gegen Gebühren abgesichert würden, leiste die Polizei für die Fußballspiele „Sicherheit zum Nulltarif“. „Ich glaube, alle Beteiligten werden hier schärfer nachdenken. Hier ist ein Stein ins Rollen ge bracht worden“, der nicht nur für Kommunen und Funk, „sondern auch für alle anderen“ Nachteile bringen könne. Deswegen sollten alle Betroffenen mit einem Schlichter an einer Tischgebracht werden, schlug Schnoor vor. Der Vorsitzende der Medienkommission der CDU/CSU–Bundestagsfraktion, Dieter Weirich, hat den Verkauf der Senderechte als das Ergebnis „konsequent marktwirtschaftlichen Verhaltens“ des Bertelsmann–Konzerns sowie des DFB bezeichnet. Weirich forderte ARD und ZDF auf, die Bundesliga–Übertragungsrechte bei der Ufa einzukaufen. Der Knebelgriff des DFB, und vor allem seines Ligavorsitzenden, des baden–württembergischen Ministers für Kultus und Sport und VFB–Präsidenten Gerhard Mayer–Vorfelder, hat System. ARD und ZDF, so Mayer–Vorfelder, dürften sich jetzt aus der Fußballübertragung nicht ausklinken, sie hätten die Pflicht, an den Verhandlungstisch zu gehen, damit eine flächendeckende Berichterstattung gewährleistet sei, vor allem auch für die „Fußballfans aus dem Ostblock“. Die Forderung scheint dringlich, erreichen die neuen Besitzer des DFB doch bisher gerade zehn Prozent bundesdeutscher Haushalte. Daß gerade Mayer– Vorfelder besonders bemüht war, die Präsidenten der Liga–Vereine zum Sturm auf die öffentlich– rechtlichen Anstalten zusammenzuschweißen, ist ebenso bekannt wie sein Ehrgeiz, eventuell schon im kommenden Jahr den amtierenden DFB–Präsidenten Neuberger zu beerben. Daß der baden–württembergische Kultusminister sechs Jahre lang als Vertreter der Landesregierung im Verwaltungsrat des Baden–Badener Südwestfunks saß, also quasi als Aufsichtsrat mitentschied, hat in der vergangenen Woche zu heftiger Kritik der hiesigen Opposition geführt. Ämterhäufung und und gezielte Schädigung einer öffentlich–rechtlichen Anstalt warf die SPD dem Minister vor. Mayer– Vorfelder will jetzt auf den Posten verzichten.

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