Kurpark statt Landhaus

■ Hermsdorfer AnwohnerInnen kämpfen für den Erhalt eines 100jährigen Kurgartens / Verkauf an privaten Bauunternehmer steht vor der Entscheidung

Kurpark statt Landhaus

Hermsdorfer AnwohnerInnen kämpfen für den Erhalt eines

100jährigen Kurgartens / Verkauf an privaten Bauunternehmer steht vor der Entscheidung

Hermsdorf fürchtet um den Erhalt einer 100jährigen Idylle: Rund 600 AnwohnerInnen, von der Oma bis zum Enkelkind, haben bisher eine Petition gegen die geplante Bebauung des alten Kurgartens an der Kneippstraße unterzeichnet. In der heutigen Sitzung der Reinickendorfer Bezirksverordneten geht der Konflikt in die nächste Runde. In einer Beschlußempfehlung der Ausschüsse für Bau- und Planungswesen wird das Bezirksamt aufgefordert, sich für den Erhalt des ehemaligen Kurhauses und des dazugehörigen Landschaftsgartens einzusetzen.

Über Jahrzehnte hatte der Katharinenorden in dem 1894 errichteten Kurhaus ein Senioren-Wohnheim betrieben, Nachwuchssorgen und anstehende Renovierungskosten veranlaßten die heiligen Schwestern im letzten Jahr, das drei Hektar große Grundstück für insgesamt 10,5 Millionen DM zum Verkauf anzubieten. Bisher einziger Interessent ist der Bauunternehmer Roland Specker, der auf dem Gelände Eigentumswohnungen errichten will. Zwar konnte der ursprünglich vorgesehene Abriß des Kurhauses mit Hilfe des Landeskonservators verhindert werden, doch gegen die nunmehr geplante „angepaßte Bebauung“, sechs Häuser im Landhausstil mit insgesamt 90 Wohnungen und einer Tiefgarage mit 55 Stellplätzen, bestehen aus Sicht des Denkmalschutzes keine weiteren Einwände. Bürgermeister Orwat begrüßt den Kompromiß und versichert, daß um jeden erhaltenswerten Baum herumgebaut werde.

Die Anwohner befürchten allerdings nach wie vor die Zerstörung eines „unwiderbringlichen Stücks Hermsdorf“. Anstelle der geplanten Luxuswohnungen, die möglicherweise niemand kaufen wolle, so Dr. Fleischhauer, einer der Initiatoren der Petition, solle der alte Kurgarten weiterhin für öffentliche Zwecke genutzt werden. Bis heute ist hierfür jedoch kein öffentlicher oder privater Träger in Sicht. Das Bezirksamt winkt ab: Ein Kauf durch das Land Berlin sei nur möglich, wenn ein konkreter Zweck dafür nachgewiesen werde. Ein weiterer Bedarf an Seniorenplätzen liege nach den Zahlen des Sozialsenators aber nicht vor. Der Reinickendorfer SPD -Chef Strunk, der das Gelände für zukünftige Nutzungen freihalten möchte, sieht hierin schlicht die „Unfähigkeit des Bezirksamtes, über den Tellerrand zu gucken“. Seine Hoffnung: Das angrenzende Dominikuskrankenhaus möge das Grundstück erwerben und somit die drohende Wohnbebauung verhindern. Zur Zeit deutet jedoch alles darauf hin, so der AL-Verordnete Saensen-Thübes, daß die abgeschiedene Parkanlage „juristisch korrekt und einwandfrei kaputt gemacht wird“. Der Kaufvertrag mit Roland Specker ist nahezu perfekt und auch das Bezirksamt hat - entgegen der Beschlußempfehlung aus den Fachausschüssen - dem Bauträger bereits grünes Licht gegeben. Nun hoffen die Anwohner, daß ihr Anwalt Rainer Geulen juristische Schliche findet, um die baulichen Fremdkörper doch noch zu verhindern.Gerd Thorns