Den Staub mit der Nase kontrolliert

■ Es gab keine systematische Luftüberwachung im Katastrophenbergwerk in Borken / Heute Trauerfeier für die Opfer / Bergungsarbeiten noch nicht abgeschlossen / Bergamt dementiert Sicherheitsmängel

Borken (dpa) - Einen Tag vor der heutigen Trauerfeier für die 51 Opfer der Bergwerkskatastrophe in Borken waren noch immer nicht alle verschütteten Bergleute gefunden. In der Nacht zum Dienstag war im Ostfeld der Grube die Leiche eines weiteren Bergmanns gefunden worden. Damit wurden von den Rettungsmannschaften bisher 47 Opfer gefunden und geborgen. Die letzten vier werden im Nordschacht vermutet, wo am Mittwoch vergangener Woche die verheerende Explosion stattgefunden hatte. Dort herrscht nach wie vor eine starke Konzentration des giftigen Kohlenmonoxydgases, das sich als Folge der Kohlenstaubexplosion gebildet hat. Die Rettungstrupps mußten auch am Dienstag noch mit schwerem Atemschutzgerät arbeiten.

Über die Ursachen der Katastrophe gibt es nach wie vor keine völlig gesicherten Aussagen. Mit Sicherheit läßt sich lediglich feststellen, daß es sich um eine Kohlenstaubexplosion gehandelt hat. Nachrichten, wonach die Grube sich in einem völlig verrotteten Zustand mit vielfach morschen Abstützvorrichtungen befunden hätte, wurden inzwischen vom Bergamt Kassel zurückgewiesen. Auch Aussagen von Bergleuten, wonach man in der Grube Stolzenbach ungeniert geraucht und mit offenem Feuer hantiert habe, hat der Betriebsratsvorsitzende Fritz Albrecht dementiert. Das letzte Mal sei vor zwei Jahren ein Bergmann entlassen worden, weil er im Stollen geraucht habe. Gleich nach der Rettung von sechs Überlebenden war berichtet worden, die Gruppe habe mit Feuerzeugen festgestellt, ob noch genügend Sauerstoff vorhanden sei.

Fest steht inzwischen, daß es in der Grube keine systematischen Luftkontrollen gegeben hat. Das Preussen Elektra-Vorstandsmitglied Heinz Cramer erklärte, die Feuchtigkeit der Braunkohle in Stolzenbach liege bei 40 bis 50 Prozent. Automatische Staubmessungen wie im Steinkohlebergbau habe es in der Grube nicht gegeben. Die Kenntnis der Kohlenstaubkonzentration sei von der Beobachtung der Bergleute abgehängig gewesen.

Zu der Trauerfeier in der Halle am Wasserturm in Borken hat sich politische Prominenz vom hessischen Ministerpräsidenten Walter Wallmann bis zu Bundespräsident Richard von Weizsäcker angesagt.

Neben Geistlichen beider Konfessionen werden auch Wallmann, ein Vertreter der Betreiberfirma Preussen Elektra, ein Vorstandsmitglied der IG Bergbau und Energie sowie ein Vertreter des türkischen Generalkonsulats sprechen. Zu den Opfern gehören auch 16 türkische Bergleute. marke