piwik no script img

Staats-Standgeld

■ Pensionierter Oberankläger wegen Erpressung verurteilt

Staats-Standgeld

Pensionierter Oberankläger wegen Erpressung verurteilt

Wegen „Erpressung“ wurde jetzt der pensionierte Berliner Oberstaatsanwalt Felix P. von einem Moabiter Schöffengericht zu einer Geldstrafe von 7.500 Mark verurteilt. Der 60jährige hatte einem Auto, das auf dem Grundstück seiner Frau in der Prinzenallee (Wedding) geparkt war, die Kennzeichen abmontiert. Seine Begründung: „Wildfremde Leute parkten auf unserem Hof, da mußte ich mal durchgreifen!“ Nach Abschrauben der Autonummern hinterließ er dem Fahrer des Wagens, der sein Auto in eine benachbarte KFZ-Werkstatt zur Reparatur gegeben hatte, einen Zettel an der Windschutzscheibe: „Sie können die Schilder gegen Zahlung einer Standgebühr von 10 Mark für jeden Tag widerrechtlichen Parkens wiederbekommen.“ Der Autofahrer rief empört die Hausverwaltung an, um sich zu beschweren. Dort hieß es: „Entweder Sie zahlen das Standgeld, oder sie bekommen die Schilder nicht zurück!“ Der Mann zahlte und bekam seine Kennzeichen wieder. Dann ging er zur Polizei und erstattete Anzeige. Felix P. im Prozeß zu seiner Verteidigung: „Das ist Privatgelände, da kann ich Eintritt verlangen!“ Schon seit längerem führte der pensionierte Oberstaatsanwalt einen „Kleinkrieg“ gegen die Autowerkstatt, die wegen mangelnden Platzes öfters zu reparierende Wagen auf dem Grundstück abgestellt hatte. Das Gericht kritisierte, der Angeklagte habe seine - berechtigten - Interessen „in verwerflicher Weise“ durchgesetzt. Er hätte die störenden Wagen abschleppen lassen können. Offenbar sei es ihm aber nur darum gegangen, seinem Nachbarn einen „Denkzettel“ zu verpassen. Wörtlich heißt es in der Begründung: „Es ist schon erschreckend, wie hier ein Jurist mit dem Recht umgeht. Was er getan hat, ist Faustrecht.“ Der Angeklagte, dessen Spezialgebiet früher das „Disziplinarrecht“ war, will Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen.C.C. Malzahn

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen