In Deutschland gelernt

■ Herr Mihailovic, der freundliche Handwerker aus Jugoslawien

In Deutschland gelernt

Herr Mihailovic, der freundliche Handwerker aus Jugoslawien

Mein jugoslawischer Elektriker, Herr Mihailovic, verfügt über jene Prise sexistischen Charme, bei der Frauen wie ich schmelzen. Einen Tag vor dem Urlaub zeige ich ihm das Badezimmer meiner neuen Wohnung. Während meiner Abwesenheit wird er dort für warmes Wasser sorgen. Dazu muß er Rohre legen und einen Boiler anbringen. In der Wand ist ein ziemlich großes Loch. Ich frage ihn, ob ich das noch vor der Abreise zugipsen soll. Herr Mihailovic‘ Lachfältchen ziehen sich jäh zusammen. Mit abwehrender Handgeste sagt er: „Machen Sie gar nichts! Fahren Sie in den Urlaub.“ Offensichtlich hat er Spaß daran, Frauen mit seinen Diensten zu verwöhnen. Ich gebe ihm die Schlüssel meiner Wohnung und fahre ab.

Einen Moment lang zweifele ich, ob es richtig war, einem fremden Mann den Wohnungsschlüssel zu geben. Ach Quatsch! Bei Herrn Mihailovic‘ Arbeitsmoral... Ziemlich eindringlich hat er versucht, mich davon zu überzeugen, daß der jugoslawische Kommunismus in der Bevölkerung nur korrupte Eigenschaften geweckt habe. Alle arbeiteten in die eigene Tasche. Erst in Deutschland habe Herr Mihailovic gesehen, daß es Menschen gibt, die ihr Geld auf ehrliche Art verdienten.

Die deutschen Handwerker kann er damit aber nicht gemeint haben, denke ich, die haben aus meinem Badezimmer eine Baustelle gemacht. Daß sie auf mich und mein Badezimmer keine Lust hatten, zeigte sich schon an ihrem Umgang mit den Terminen. Das erste Mal waren wir um neun Uhr verabredet. Ich wartete bis elf Uhr und ging dann zur Arbeit. Als ich später den Handwerksbetrieb anrief, stellte mich der Chef zur Rede. „Wir waren um 12 Uhr da. Wo sind Sie gewesen?“ Verdattert entgegne ich, daß wir viel früher verabredet waren, woraufhin er aufgebracht ins Telefon schmettert: „Ich bestelle doch nicht umsonst einen Monteur. So geht das aber nicht.“

Das nächste Mal blieb der Monteur nur fünf Minuten. Der Abfluß sei verstopft. Er könne nicht weiterarbeiten. Obwohl ich ihm den Wohnungsschlüssel gegeben hatte, tat sich mehrere Wochen lang nichts. Ich rief wieder an. Man versprach mir, den Abfluß noch am darauffolgenden Tag zu entstopfen. Als ich am nächsten Abend nach Hause kam, war die Badewanne aus dem Boden gerissen und schräg gegen die Wand gelehnt. Wieder rief ich an - die Verstopfung war immer noch nicht behoben - wieder tat sich tagelang nichts. Schließlich kam ein Handwerker, der das falsche Werkzeug mitgenommen hatte und damit die Abflußrohre fast durchbrach. Als ich mich bei der Firma beschwerte, sagte mir der Chef, ich solle jemanden anders mit der Verstopfung beauftragen. Im Übrigen sei man für die nächste Zeit völlig ausgebucht ob nicht eine andere Firma den Boiler anbringen könne.

In dieser Situation also wandte ich mich an Herrn Mihailovic. Mein Glück! Denn eine Woche später, als ich aus dem Urlaub zurückkomme, gibt es in meinem Badezimmer heißes Wasser, eine einladende Badewanne und einen funktionstüchtigen Abfluß. Aber nicht nur das. Herr Mihailovic hat die Gardinenstangen, die auf dem Flur herumlagen, über den Fenstern angebracht. „Es tut mir in den Augen weh, eine Frau auf einer Leiter zu sehen“, sagt er als Rechtfertigung für den ExtraService.

Mir rutscht heraus: „Herr Mihailovic, Sie sind ein Schatz!“ und will gerade anfangen, ihm meine Erfahrungen mit den deutschen Handwerkern zu schildern. Doch bevor ich dazu komme, sagt Herr Mihailovic: „Aber bitte glauben Sie nicht, daß ich das alles für Sie getan habe, weil ich Jugoslawe bin. Die Jugoslawen sind wirklich ganz anders als ich. Das Arbeiten habe ich von den Deutschen gelernt.„Elisa Klapheck