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Ehrenwerte Gesellschaft

■ Zur Verurteilung von Horst

K O M M E N T A R Ehrenwerte Gesellschaft

Zur Verurteilung von Horst

Können sie sich vorstellen, daß Busfahrer Krause vom Bauunternehmer Franke 50.000 Mark erhält - einfach so, weil Krause ein netter Mensch ist? Für manche Richter scheint es keinen Unterschied zwischen einem Busfahrer und einem FDP -Fraktionsvorsitzenden zu geben. Denn nicht die Geldannahme, sondern der spätere Meineid war strafbar. Weil Vetter ja kein Amtsträger war. Das Urteil wird stark getrübt durch des Richters Hinweis, der Meineid sei weder „inhaltlich noch sachlich“ mit seinen „hohen politischen Ämtern verknüpft“.

Auch wenn die Skandalbereinigung nun erstmalig bis auf Senatorenebene angelangt ist, an der Verlogenheit auf den Regierungsbänken wird sich nichts ändern. Was nicht mehr unter den Teppich zu kehren war, wird als individuelle Tat ehrenwerter Männer abgetan, die einmal „gefehlt“ haben.

Welches Machtkartell sich die Stadt zur Beute gemacht hat und es deshalb als ihr gutes Recht ansieht, die Hand aufzuhalten, ist weniger denn je Gesprächsthema. Die biblische Plage wird hingenommen, Hauptsache das Schaufenster West-Berlin ist blankgeputzt. Das Urteil gegen Vetter ist ein billiger Nachhall eines Skandals, der den Senat vor zwei Jahren hätte wegfegen müssen - anstatt einem ungefährdeten Wahlsieg in neun Monaten entgegenzugehen. Dennoch: ob ein Politiker das Geld abführt an die Partei oder für sich verbrät ist egal; Korruption bleibt es allemal. Übrigens: auch Diepgen war Fraktionsvorsitzender, als er 75.000 Mark erhielt. Er war freilich nicht so tollpatschig, sich bei einem Meineid erwischen zu lassen.Gerd Nowakowski

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