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CDU-Parteibüro in der ÖTV-Zentrale?

Unionsgewerkschafter in der ÖTV bereiten sich auf dem Hamburger Gewerkschaftstag auf die Debatte um den Paragraphen 218 vor / Parteipost aus der Hauptverwaltung / Pfiffe für Bundesministerin Süssmuth  ■  Aus Hamburg Martin Kempe

Sieben Männer stehen auf der geplanten Rednerliste und die Reihenfolge ist auch schon festgelegt. Ganz am Anfang steht Ernst-Otto Constantin, designiertes Mitglied des Hauptvorstandes der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), Mitglied der CDU und Nachfolger des ausscheidenden Karl-Heinz Hoffmann, der bisher den CDU -Proporz im geschäftsführenden Hauptvorstand der ÖTV hergestellt hat. Es geht um den Paragraphen 218, dessen Verschärfung den CDU-Politikern bekanntlich besonders am Herzen liegt. Die ÖTV hatte auf ihrem letzten Gewerkschaftstag als erste gesellschaftliche Großorganisation nach intensiver Debatte die völlige Streichung des Paragraphen 218 gefordert. Und auch auf dem derzeit in Hamburg stattfindenden 11. Gewerkschaftstag wird aller Voraussicht nach eine Diskussion darüber stattfinden.

Auf diese Debatte haben sich die CDU-Männer besonders gut vorbereitet. Mit Stempel vom 10.6. wurde ein Rundschreiben an alle CDU-Mitglieder unter den Delegierten des ÖTV -Gewerkschaftstages verschickt, in dem über eine „Sitzung zur Vorbereitung des ÖTV-Gewerkschaftstages“ am 27./28.Mai dieses Jahres in Königswinter berichtet wird. Abgeschickt wurde dieses Schreiben aus der Zentrale der ÖTV in Stuttgart, unterschrieben ist es von Thomas Wunder, Sekretär im Vorstandsbereich Hoffmann. Wie das Büro Hoffmann, in dem auch der jetzt zur Wahl anstehende Ernst-Otto Constantin beschäftigt ist, feststellen konnte, ist ungeklärt, welche der vor rund einem halben Jahr gewählten Delegierten der CDU angehören. Fest steht jedoch, daß seit Anfang des Jahres mehrere solcher Rundschreiben an die CDU-Mitglieder unter den Delegierten aus der Hauptverwaltung der ÖTV in Stuttgart verschickt worden sind. Die vorgesehenen Streiter für den Paragraphen 218 sind, wie aus dem letzten Schreiben hervorgeht, der Reihenfolge nach folgende CDU-Delegierte: Ernst-Otto Constantin, Franz Holtgreve, Rudi Gerspacher, Franz Corneth, Florian Steinforth, Ewald Kleen, Karl-Heinz Peil.

Die schwierige Gratwanderung, die der Gewerkschaft ÖTV in den kommenden Jahren bevorsteht, hat sich gleich zum Auftakt ihres Bundeskongresses gezeigt. Freimütig bekannte sich Bundesfamilienministerin Rita Süssmuth (CDU) vor den Delegierten zu einer weiteren Privatisierung des öffentlichen Dienstes. Die Abgesandte der Bonner Regierung erntete Pfiffe und Buhrufe, als sie ankündigte: „Dort, wo die Privatwirtschaft öffentliche Dienste ebenso leistungsfähig und preisgünstig anbieten kann, müssen sie nicht von der öffentlichen Hand angeboten werden.“ Nicht wenige Vertreter der nach Hamburg entsandten ÖTV-Basis verstanden dies als Kampfansage.

Das für Organisation zuständige ÖTV-Vorstandsmitglied Willi Mück kündigte eine Strukturreform der Gewerkschaft an.

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