: WAA-Erörterungstermin wird zur Farce
Umweltministerium legt Termin auf 11.Juli in Neunburg fest / Anti-WAA-Bürgerinitiative protestiert dagegen / Gründe: Zeitspanne zwischen Prüfung der Einwendung und Termin zu kurz ■ Aus München Luitgard Koch
Die Schwandorfer Anti-WAA-Bürgerinitiative erhebt schwere Vorwürfe gegen das Bayerische Umweltministerium. Grund: die Festsetzung des im Atomrecht vorgeschriebenen Erörterungstermins der Einwendungen gegen den zweiten Sicherheitsbericht für die „Oberpfälzer Atommüllfabrik“. Das bayerische Umweltministerium will den Erörterungstermin ab 11.Juli in der Stadthalle von Neunburg vorm Wald durchziehen. Da die Stadthalle des rund 6.000 Einwohner starken Ortes nur 1.500 Personen faßt, soll daneben ein Zelt aufgestellt werden, sowie Bürocontainer für die DWK und die Beamten des Umweltministeriums.
Nach Ansicht der Schwandorfer BI ist schon allein der Zeitraum von nicht ganz drei Monaten zwischen dem Ende der Einwendungsfrist und dem Beginn des Erörterungstermins zu kurz, um die Vielzahl der Einwendungen so sorgfältig zu prüfen, wie es Vorschrift ist. 850.000 Einwendungen - allein 350.000 stammten aus Österreich - stapelten sich im Ministerium. „Das ist aber eine grundsätzliche Forderung des vorgezogenen Rechtsschutzes“, so die BI-Sprecherin Irene Maria Sturm (35). Nach Angaben des Umweltministeriums gab es nur ein Prozent Einzeleinwendungen.Aber auch bei angeblich 8.500 Einzeleinwendungen scheint den WAA-Gegnern der Zeitraum für eine gründliche Bearbeitung nicht ausreichend.
Des weiteren kritisieren sie, daß die juristischen Auseinandersetzungen um die WAA noch keinesfalls abgeschlossen sind. So wird etwa das Urteil zur ersten Teilerrichtungsgenehmigung (TEG) erst am 4.Juli in Berlin verkündet. Der Bebauungsplan ist zur Zeit, wie es in der Juristensprache heißt, noch „schwebend unwirksam“. Trotzdem wird bereits mit dem Verfahren zur 2.TEG begonnen. „Wir fühlen uns nicht ernstgenommen“, stellt die BI-Sprecherin fest. Keinerlei Rücksicht nahm man im Umweltministerium auch auf die Bitte der Einwender, den Termin auf ein Wochenende zu legen, damit auch Arbeitnehmern daran teilnehmen können.
Ebensowenig wurde der Ferienbeginn in Bayern zwei Wochen später berücksichtigt. Das Erörterungsverfahren kann sich nämlich bis zu drei Wochen hinziehen. Weitaus gravierender ist jedoch, daß das Provinzstädtchen Neunburg keinen Bahnhof besitzt und die Busverbindung sehr schlecht ist. Es verkehren nur ein Bahnbus und zwei private Buslinien zu sehr ungünstigen Zeiten. Die privaten Busse fallen außerdem bei Ferienbeginn aus. Das Gegenargument aus dem Umweltministerium: die kommen sowieso alle mit dem Auto. Aber der größte Parkplatz in Neunburg ist durch das aufgestellte Zelt, um das zusätzlich ein Sicherheitsabstand eingehalten werden muß, blockiert.
Probleme gibt es auch mit Schlafplätzen und Verpflegung. Aus diesen Gründen fordert die Schwandorfer BIdas Umweltministerium auf, Zeit und Ort des Termins zu ändern. Nach ihrer Meinung ist die weitaus größere Oberpfalzhalle in Schwandorf besser geeignet. Andernfalls soll das Umweltministerium zumindest dafür sorgen, daß Pendelbusse fahren und auch für die BI ein 200-Mann-Zelt mit Telefonanschluß aufstellen lassen. „Wir wollen nicht schlechter behandelt werden als die DWK“, begründet Frau Sturm diese Forderung. Ebenso soll das Ministerium die Kosten der BI für diesen Erörterungstermin übernehmen. Pro Tag rechnen die WAA-Gegner mit 5.000 Mark.
Noch ein weiteres Problem sieht die BI auf sich zukommen. Nämlich: Was passiert mit den vom Umweltministerium gespeicherten Adressen der Einwender? Da zu dem nichtöffentlichen Termin nur die Einwender zugelassen sind, muß kontrolliert werden. Wie diese Kontrolle durchgeführt wird, ist ebenfalls unklar. Für die WAA-Gegner steht fest, daß der Erörterungstermin aufgrund all dieser Umstände „mehr oder weniger zur Farce wird“. Das Umweltministerium zeigt sich von all dem gänzlich unbeeindruckt. Gegenüber der taz hieß es: „Darauf reagieren wir nicht. Daran wird sich nichts ändern. Wir halten den Platz für ausreichend.“
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