: Eine Woche Bremer Sommer
■ Kunsthandwerk, Mendellssohn und Dixieland aus aller Herren Länder vom 13. bis 21.7.
Pinkeln ist wahrscheinlich kostenlos, „Philosophie“ gab's schon gestern gratis für PressevertreterInnen aufgetischt zu kühl-exotischen Longdrinks, serviert in aufblasbaren Palmenlandschaften. (Journalisten, die aus der Angelegenheit anschließend die Luft rausließen, konnten die schwimmende Plastic-Karibik am Ende als unsinkbare Hausbar für den heimischen Swimming-pool mitnehmen). Kein Zweifel und zur Sicherheit auch direkt ausgesprochen: Die zu Infos und internationalen Häppchen geladenen Damen und Herren Medienmultiplikatoren sollten „massiv verführt werden“, um „zum Gelingen des II. Internationalen Bremer Sommers beizutragen“.
Also: Unter einer anständigen „Philosophie“ tut's heute keiner mehr, der sich anschickt, den Bremer Marktplatz nach ItalienischenWochen, Stadtfest, Werder-Meisterschaftsfeier, hafa, Fischfressen in den x-ten kollektiv-kulturvollen Partyrausch des Jahres zu stürzen. Der Philosoph und spiritus rector des „Internationalen Bremer Kultursommers 88“ heißt Hermann Kraus, vertritt, wenn er gerade mal nicht philosophiert, Bremer Kaufleute als Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes Nordsee und verkündete gestern folgende Weisheiten zur diesjährigen zweiten Auflage des einwöchigen Spektakels aus Kunsthandwerk, Kinderfest, klassischer Musik und kolonialer Folklore: „Was gibt es denn Schöneres, als den Bremer Marktplatz im Sommerloch zum Schauplatz eines leichten, lockeren, fröhlichen Stadtfestes zu gestalten, Internationales - selbstverständlich mit Niveau - auf dem Platz zu versammeln und für jeden Geschmack etwas zu bieten.“
Für's Niveau ist Radio Bremen und die Klassische Musik, „na, wer war's gleich noch? Ach ja, Mendelssohn“ zuständig. Fürs Internationale bürgen die Deutsche Lufthansa, MBB-Erno, die Bremer Lagerhausgesellschaft und andere Unternehmen im Rahmen einer parallel in der Rathaushalle stattfindenden Im und Export-Ausstellung und natürlich Künstlergruppen und Kunsthandwerker-Stände aus rund 40 Herren Länder von A wie Argentinien bis V wie Vietnam. Für kindgemäße Unterhaltung („die künftigen Träger von Bremens wirtschaftlicher Attraktivität“) sorgen schließlich Märchenerzähler und Go -cart-Turniere.
Damit ich also mein Scherflein zum Gelingen der Internationalen Einzelhandels-Nordsee, äh, des Bremer Handelssommers beitrage, hier noch einmal das wichtigste: Sommer ist in Bremen vom 13. bis 21. August auf dem Marktplatz, professionell präsentiert werden Jazz, Klassik, Theater, afrikanische, asiatische und lateinamerikanische Tänze mit und ohne Schlangen, dazu Kunsthandwerkliches und alles mögliche andere für Daheimgebliebene und Touristen. Das ganze heißt „Internationaler Bremer Sommer“ und ist bei Strafe nicht zu verwechseln mit dem „Bremer Kultursommer“. Den organisiert nämlich die Konkurrenz von Kommerz-Kultur -Veranstalter Klaus Peter Schulenberg (KPS). Wer den „richtigen“ Bremer Sommer macht, ist bislang nicht entschieden und zur Zeit Sache ordentlicher Gerichte.
K.S.U-Satz:!!!!
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