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Nordwanderung des Kohlebergbaus

Heute beginnt im Nordosten des Münsterlandes eine neue Zeche mit dem Kohleabbau / Umweltschützer konnten sich mit ihren ökologischen Einwänden nicht durchsetzen / Sie kündigten juristische Schritte an  ■  Aus Cappenberg Anne Weber

Die Nordwanderung des Bergbaus scheint nicht zu stoppen zu sein: Heute soll in Cappenberg im Münsterland die Bergkamener Zeche Haus Aden mit dem Abbau der Kohle beginnen. Jahrelang hatten sich die Landschaftsgemeinschaft Naturschutz und Umwelt, die Bürgerinitiative Arbeitskreis Cappenberg, die Interessensgemeinschaft Cappenberger Bürger und Graf von Kanitz, der Besitzer des Cappenberger Schlosses, gegen die bergbauliche Nutzung unter dem weitflächigen Naturschutz- und Naherholungsgebiet gewehrt. Sie befürchten erhebliche landschaftsökologische Schäden als Folge des Kohleabbaus sowie die Gefährdung der Denkmale Schloß und Stiftskirche durch Bergabsenkungen. Die Gegner der Nordwanderung stützten ihre Bedenken auf verschiedene Gutachten. Zuletzt gab der Münchener Professor für Landschaftsökologie und Umweltberater der Bundesregierung Wolfgang Haber sein Urteil ab: Durch die Bergwerkstätigkeit seien 500 Hektar des insgesamt 1.200 Hektar großen Cappenberger Waldes bis zum Jahr 2000 vom Absterben bedroht. Habers Aussagen stimmen mit der Einschätzung des für Cappenberg zuständigen Forstamtes Letmathe überein. Diese wurde jedoch während des dreijährigen Genehmigungsverfahrens der Bergbaubehörden nicht berücksichtigt.

Die GegnerInnen des Abbaus unter Cappenberg sehen sich einer harten Front gegenüber. Hinter dem von der Landesregierung 1986 entwickelten Nordwanderungskonzepts stehen wirtschaftliche Interesssen. „Im Ruhrgebiet ist noch ausreichend Kohle vorhanden, die Nordwanderung ist gar nicht notwendig“, meint Heinz Büter vom Arbeitskreis Cappenberg. Vertreter der Ruhrkohle AG (Muttergesellschaft der Zechenbesitzerin Bergbau AG Westfalen) bestätigen zwar dies, halten aber einen weiteren Abbau im Ruhrgebiet für technisch aufwendig und damit „zu teuer“. Die IG Bergbau argumentiert mit dem Dauerbrenner Energieproblematik: „Ohne Nordwanderung keine Energieversorgung.“ Schlechte Chancen für die CappenbergerInnen? Bis jetzt sieht es ganz so aus, obwohl das für den Abbau zuständige Bergamt Kamen am Donnerstag noch keine klaren Angaben machte, ob die Frühschicht der Zeche Haus Aden pünktlich mit der Arbeit beginnen wird. Den Betriebsplan wolle man aber heute auf jeden Fall endgültig absegnen. Die CappenbergerInnen und Graf Kamitz wollen den Streit in Zukunft auf gerichtlichem Wege weiterführen. Der Rat der Stadt Selm, zu der die Gemeinde Cappenberg gehört, will ebenfalls juristische Mittel ausschöpfen.

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