: Umweltverschmutzung
„Frühkommentar“ im SFB von Dr.Peter Pistorius ■ DOKUMENTATION
Der Spuk am Lenne-Dreieck, der vielen Berlinern von Anfang an schon zu lange gedauert hat, ist im Morgengrauen zu Ende gegangen. Das Häuflein von Chaoten, das sich dort - zunächst mit pseudopolitischen Parolen, und dann immer unverblümter aus purer Lust an Randale und Provokation - unmittelbar an der Mauer und im verödeten ehemaligen Mittelpunkt der geteilten Stadt verschanzt hatte, ist von der Polizei in alle Winde zerstreut worden.
Sie kehren in die Löcher und Schlupfwinkel ihrer Quartiere zurück, aus denen sie bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit wieder herauskommen - das ist so sicher wie das Amen in der Kirche und nicht zu ändern. Ein anderer Teil machte seine originelle Drohung wahr und flüchtete über die Mauer, dorthin, wo schadenfrohe und hirnrissige Schutzpatrone sie zum Durchhalten aufgefordert hatten.
Aber so ist das in der Stadt - was auf dieser Seite der Mauer als politische und tatsächliche Umweltverschmutzung empfunden wird, kommt drüben gerade recht, wenn man daraus mit welchen Verrenkungen auch immer - bürgerkriegsähnliche Zustände herauslesen kann. Sollen die zungenfertigen Paten dieser Typen nun sehen, wie sie mit dieser Art von Flüchtlingen fertig werden, nachdem sie ihnen zur Begrüßung vielleicht erst einmal ein Stück Seife in die Hand gedrückt haben. Denn was von manchen Beobachtern mit einem Hang zu falscher Romantik „Dorf“ genannt wurde, hat sich rasch zum Slum gemausert. Auf ihre Weise hat die Berliner Polizei dort mit der Kneifzange zugefaßt, diese Dreckecke in der Stadt besenrein gekehrt.
Dem Innensenator muß man dieses Mal bescheinigen, daß er die polizeilichen Mittel klug dosiert hat, keine unnötigen Konfrontationen heraufbeschwor, bevor er nach der längsten Nacht an diesem Mauerstück zum Aufräumen blies.
Keinen Tag früher hätte er handeln können, weil die politischen Besitzverhältnisse in Berlin nun mal so sind, wie sie sind. Erst seit Mitternacht ist das schmutzige Dreieck westliches Territorium, obwohl die Mauerbauer schon vor Wochen dort im Zuge des Gebietsaustausches ihre Front begradigt hatten.
Eine Lehre sollte der Regierende Bürgermeister aus dem absurden Theater aber jetzt schon gezogen haben.
Beim nächsten fälligen Gebietsaustausch mit Ost-Berlin muß er genau die Übergabe-Bedingungen festlegen, damit uns solche Possen künftig erspart bleiben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen