: Der Golfkrieg füllt bundesdeutsche Kassen
Journalist beweist Kriegsmateriallieferungen bundesdeutscher Firmen nach dem Iran / Politiker passiv / Jetzt ermittelt Zoll ■ Aus München Klaus Weise
Deutsche Firmen liefern seit Jahren Kriegsmaterial in den Iran und verstoßen damit gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Diese Vorwürfe richtete der Journalist Jürgen Roth bei einer Pressekonferenz der Grünen im Bayerischen Landtag an verschiedene Rüstungsfirmen. Roth legte umfangreiches Beweismaterial vor, das auch in Buchform erscheinen soll.
„Die Staatsanwaltschaft braucht nicht mehr zu recherchieren“, beurteilt Roth die Brisanz seiner Dokumente, „die können das gleich als Anklageschrift benutzen.“
So soll MBB über einen Schweizer Waffenhändler Kriegsmaterial in den Iran geliefert haben. Der Nürnberger Rüstungshersteller Diehl hat, laut Roth, über eine italienische Tochterfirma Minenzünder an Teheran verkauft. Der WNC-Nitrochemie mit Sitz in Anschau weist Roth nach, daß sie als Mitglied eines europaweiten Sprengstoffkartells Tausende Tonnen Treibladungspulver liefert, das in iranische Bomben und Granaten gefüllt wird. „Die WNC hat mit ihren Lieferungen entscheidenden Anteil am Golfkrieg“, verurteilen Grüne und der Autor Roth die bayerische Chemiefabrik. Sie sei seit Jahren der einzige Pulverlieferant des Irans.
Während in Schweden und Belgien parlamentarische Untersuchungsausschüsse die Aktivitäten des Sprengstoffkartells durchleuchten, herrscht bei deutschen Politikern und Behörden weitgehend Funkstille.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Norbert Gansel begründet das Nichtstun seiner Fraktion „mit den vielen Untersuchungsausschüssen, die es in Bonn schon gibt“. Anzeigen von Grünen und einer Friedensinitiative gegen die WNC ruhen seit Januar.
Inzwischen haben die bundesdeutschen Zollbehörden Ermittlungen eingeleitet, nachdem sie das Manuskript von Jürgen Roths Veröffentlichung erhalten haben.
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