piwik no script img

T R A U M N A C H R I C H T E N

Lichtenrade (MR) - Dr. Watzlaff, Arzt für Allgemeinmedizin, träumte letzte Nacht wieder einmal von seiner Kindheit auf dem Lande. Vergangenen Sonntag ist er mit seinen Kindern im Zoo gewesen.

Auf dem Bauernhof seines Onkels, an einen Pfahl gekettet, der mitten im Misthaufen steht, befindet sich ein Löwe, ein schönes kräftiges Tier.

Noch ist nicht Nacht. Deshalb, so heißt es, hat Watzlaff keine Mühe, an dem Löwen vorbei ins Haus zu gelangen. Der Löwe liegt da und schaut ihm ohne Interesse zu.

Im Haus, kühl und dunkel, stößt Watzlaff auf Onkel und Tante. Sie sitzen starr an dem runden Holztisch und nehmen von seiner Anwesenheit keine Notiz. Er betrachtet die verächtlich herabgezogenen Mundwinkel seines Onkels.

Draußen verhält sich der Löwe immer noch ruhig und desinteressiert. Watzlaff umrundet ihn vorsichtig und betritt das Haus noch einmal, von der anderen Seite.

Ein kleines, holzgetäfeltes Kabinett mit Waschbecken und, im Hintergrund, einer Dusche. Man muß sehr schmal sein, um hineinzugelangen. Watzlaff wäscht sich und putzt sich die Zähne und denkt anhaltend betrübt und empört darüber nach, wie unmöglich Onkel und Tante waren, daß er bei ihnen so unwillkommen ist.

Draußen ist jetzt Nacht, und der Vollmond ist aufgegangen. Jetzt liegt der Löwe nicht mehr teilnahmslos herum, er steht stramm da und starrt den Mond an. Er scheint äußerst beunruhigt und erregt, jetzt beginnt er an seiner Kette zu reißen, so daß der Pfahl, an dem sie befestigt ist, zu wackeln beginnt.

Watzlaff entfernt sich in die entgegengesetzte Richtung, voller Angst. Er ist aufgewacht.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen