Struktur-Fonds: Bremen abgespeist

■ Alle sind gegen die neue Erdgas-Steuer: Stadtwerke, Energiebeirat, Industrie / Nach Albrecht soll Bremen nur 64 Millionen jährlich bekommen, Niedersachsen 700

„Energie kann nicht teuer genug sein.“ Mit diesem provozierenden Statement fiel Cornelius Noack, stellvertretender Vorsitzender des Bremer Energiebeirats, gestern aus dem Rahmen. Denn die Pläne der Bundesregierung, pro Kubikmeter Erdgas drei Pfennige Steuer zu erheben, wurden ansonsten scharf kritisiert. Aber auch Noack relativierte: Daß die Regierung neben dem Erdgas nicht gleichzeitig auch das Heizöl verteuern wolle, sei ihm unverständlich. Er befürchtet, daß durch die neue Steuer mehr umweltgiftiges Heizöl und weniger Gas verbrannt wird.

Die Bremer Stadtwerke fühlen sich durch die kommende Erdgassteuer in ihrer Sympathiewerbung für diesen umweltfreundlichen Brennstoff gestört. Denn: Wer sich in diesem und in folgenden Jahr einen neuen Erdgas-Anschluß legen läßt, braucht nicht die üblichen 1.800 Mark dafür zu bezahlen, sondern kommt mit einem Tausender davon. Von dieser billigen Möglichkeit werde bisher rege Gebrauch gemacht, sagte Stadtwerkesprecher Andreas Friedeberg gestern. Die

Erdgassteuer könne nun den umweltfreundlichen Plänen der Stadtwerke den Boden entziehen. Aber vielleicht gleichen die Stadtwerke die neue Steuer durch besonders günstige Erdgastarife aus. Den Spielraum dazu haben sie, denn kürzlich hatte der Erdgas-Lieferant Ruhrgas seine Preise um neun Prozent gesenkt, eine Ermäßigung, die die Stadtwerke mit Verzögerung und bisher auch nicht im vollen Umfang an die Kundschaft weitergeben wollen. Friedeberg machte gestern den Verbrauchern Hoffung: „Wieviel von der Preissenkung weitergegeben wird, darüber wird noch entschieden.“

Auch Großverbraucher wie die Bremer Klöckner-Hütte und Anbieter wie der niedersächsische „Wirtschaftsverband Erdöl und Erdgasgewinnung“ protestierten gestern gegen die Erdgas -Steuer.

Die Bundesregierung will einen „Struktur-Fonds“ einrichten, aus dem 2,4 Milliarden Mark jährlich an die wirtschaftlich schwachen Länder verteilt werden (vgl. taz von gestern). Wie dieser Topf über die einzelnen Ländern ausgegossen wird, darüber

geht der Kampf jetzt erst richtig los. Die erste Runde beginnt heute im Bundeskabinett.

Niedersachsens Ministerpräsident Ernst Albrecht, von dem die Idee dieses Strukturfonds stammt, hat genaue Vorstellungen über die Verteilung. Wird in Bonn nach seinen Wünschen entschieden, dann bekommt sein Land 700 Millionen Mark pro Jahr, Bremen aber nur ungefähr 65. Dieses Programm läuft bis 1998. In den ersten drei Jahren wird Bremen mit zusätzlich 50 Millionen getröstet. Um diesen Betrag wird die Bundesergän-zungszuweisung aufgestockt.

Eine magere Ausbeute. Albrecht hatte ursprünglich verlangt, daß der Bund den Ländern mit hoher Dauerarbeitslosigkeit die Hälfte ihrer Sozialhilfe-Ausgaben erstattet. Dabei wäre für Bremen ein jährlicher Zuschuß von rund 150 Millionen herausgekommen. Der Bremer Senat habe sich hinter Albrecht versteckt und sei deswegen an dem mageren Ergebnis mitschuldig, meint der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Ralf Fücks.

mw