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Luckauer Straße 3 besetzt

■ Die ehemaligen Mieter der obersten Etage in der Luckauer Str. 3 halten seit dem 1. Juli ihre früheren Wohnräume besetzt / Vermieterin GSG: Mietverträge nur noch zum doppelten Mietpreis

Seit dem 1. Juli sind die beiden obersten Etagen des Quergebäudes der Luckauer Straße 3 in SO36 wieder besetzt. Nach sechsjährigem Leerstand war das Haus als eines der ersten in Berlin im März 1980 besetzt worden und galt der Polizei und dem Senat lange Zeit als Zentrum der Häuserkampfbewegung. Unter dem Druck der Lummerschen Polizeistrategie gegen die Hausbesetzer wurden auch die Besetzer der Luckauer 3 vor die Alternativen gestellt, entweder Mietverträge zu unterschreiben oder geräumt zu werden.

In den Verhandlungen mit der Hausbesitzerin, der „Gewerbesiedlungs-Gesellschaft“ (GSG), konnten die Besetzer jedoch durchsetzen, das weitgehende Zugeständnisse in puncto Selbstbestimmungsrecht in die Mietverträge aufgenommen wurden. Neben der Rücknahme der Strafanzeigen gegen die Besetzer wurde in den Mietverträgen z.B. festgeschrieben, daß sie über Umbaumaßnahmen selbst entscheiden und die Vergabe freier Wohnungen bestimmen können. Außerdem wurde ihnen zugestanden, alternative Heizformen auszuprobieren (Offenes Feuer auf dem Wohnzimmerteppich! Hust! d. säzzer) Die Miete wurde auf den Stand von 1981 festgeschrieben. Allerdings galten diese Mietverträge jeweils nur für die einzelnen Wohnungen, nicht aber für das gesamte Haus.

Schon bald stellte sich heraus, daß die beiden obersten Etagen des Quergebäudes nicht bewohnbar waren, weil das Dach einzustürzen drohte. Beide Etagen mußten geräumt werden.

Fünf Jahre lang hat seitdem die GSG mit einem Architekten und diversen Baufirmen an dem Haus herumsaniert. Jetzt endlich hat das Quergebäude zwar wieder ein intaktes Dach, aber den alten Instandbesetzern werden die Mietverträge verweigert. Angeboten wird ihnen von der GSG jetzt ein Mietvertag, der keine der ehemals gemachten Zusatzvereinbarungen mehr enthält und bei dem der Mietpreis doppelt so hoch ist, wie im alten Vertrag.

Die GSG will in diese Wohnungen Zentralheizungen einbauen und begründet damit die Mieterhöhungen auf ca. 1.250,- DM kalt. Im Laufe der letzten fünf Jahre haben die Instandbesetzer für eine Summe, die siebzig Prozent von dem Ausmacht, was eine Baufirma kassieren würde, mit Senatsknete das Haus teilweise selbst saniert. Nach der neuerlichen Besetzung der zwei oberen Etagen haben die Besetzer sofort Verhandlungen mit der GSG aufgenommen uhd angeboten, Mietverträge nach den alten Konditionen zu unterschreiben, da es ihnen vor allem um den Erhalt billigen Wohnraums in Kreuzberg gehe.

Die GSG lehnt Verträge in der alten Form aber kategorisch ab. Sie will nur noch Mietverträge ohne jegliche Zusatzklausel und zu dem doppelten Mietpreis abschließen. Gegenüber der taz erklärte der Vertreter der GSG, Wohlers, man habe bereits Strafantrag gestellt und für die Besetzer blieben nur die Alternativen, freiwillig zu gehen oder geräumt zu werden. Für die Besetzer ist die Sache klar: „Wir bleiben“.

Till Meyer

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