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BOHNERWICHS

■ „Geschehnisraum“ von Gerhard Bohner und Tom von den Haspel

Der Unterschied zwischen Erlebnisraum und Geschehnisraum liegt in der fortschreitenden Nullifizierung der Sprache, die über den Tran altbackener Avantgardisten hinwegdröhnen soll.

1. Seitdem es um meinen Erlebnisraum Auto still geworden ist, spaziere ich zweimal täglich zügig durch die Waldemarstraße zum Moritzplatz und zurück und kann dabei ausgiebig über das Wetter, die Hundescheiße, die zum Kauf angebotenen Kraftwagen am Straßenrand, die neue Chiquita und Dosensuppenwerbung und die Zeitungshändlerschürzen nachdenken.

2. Der Geschehnisraum Arbeitsplatz unterliegt aus betriebsinternen Anstandsgesetzen sowie seinem fragwürdigen Unterhaltungswert der Schweigepflicht.

3. Im Geschehnisraum „Humboldthain“ ist das Spielfeld der Fußballtruppe der Schwüle entsprechend klein, aber man schlägt sich tapfer und der Geschehnisraum „S-Bahn“ bis zur Station „Yorck-Straße“ ist hauptsächlich praktischer Natur. Feldstudien im Niemandsland en passant.

4. Geschehnisraum Großwetterlage 1a: Der Himmel über Berlin knäult sich zum Turbogewitter zusammen, droht grünlich und der Keller in der Monumentenstraße 24 schüttelt dem Sturm fast sein großes Werbeposter in die Arme.

5. „Geschehnisraum: Zwei-Leben“ im Environment von „Schlafen“ bietet die Krone des Lächerlichen auf, um den Naturgewalten des Alltäglichen eine Kunst entgegenzusetzen. Aus dem Synthi-Turm schnarchen die Atemzüge einer imaginären Hohlperson. Pffft. Der Finstermann tritt auf, an den Füßen behindern ihn hölzerne Haushaltsleiterchen, dafür stochert er blind wie die Seele Lears mit einem Blechstecken herum. Talkumblass gepudert, entrückt die Miene zementstaubiger Gaukler, wie ein Minetti in den „Kindern des Olymp“.

„Ruth, Ruth!“ schreit es, aber die dramatische Einlage meint bloß den biblisch normalen Unfall: Das Wasser vom Gewitter läuft durch die Decke und die monströse Schnauf -Mechanik des Synthiturm-Martyriums droht sich kurzzuschließen. Drei Damen halten den Schirm auf. Der Finstermann indessen macht weiterhin bedeutsame Bewegungsrituale, klettert gar eine Backsteinwand entlang oder tut einfach still affektiert. Das computergesteuerte Wabern schliert unverdrossen und zäh dem Umma-Gumma-Ambiente der vergeudeten Zeit nach. Den Kunsthistorikerinnen und Theaterwissenschaftstudentinnen gab das was. Sei es, daß man für die (überflüssigen) 14 DM Eintritt halt was erleben mußte, sei es daß man vor lauter Dröhnerei des Nichts selber rammdösig geworden war. Kunstkacke raus aus Bunkern und Kellern!

6. Geschehnisnebenraum: Der Mann aus Jugoslawien hängte seine teerschwarzen und blattgoldenen Fahnen im Nebenkeller auf, zündete 40 Kerzen an und machte den Sonntag zur Weihnacht exorzistischer Blasphemiker. (Ein Kopiekatalog von Milovan Markowich und Sissi Tolaas Kellerinstallationen gibt's beim Daad für 25 DM).

Vogel

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