: Langsama Denka
■ Polizei räumte eine Kubat-Aktion vor dem Rathaus Neukölln ab, obwohl eine Standgenehmigung vorlag
„Wat ham Sie zu mir jesagt? Det ick een langsama Denka bin? Det is ja wo die Höhe, wa! Jezz muß ick mir hier schon von die Polizei beleidjen lassen!“ Der etwa 40jährige Neuköllner ist erregt. Als er gestern mittag eine Stelltafel beim Rathaus Neukölln entdeckte, wollte er kurz stehenbleiben, um sich die Bilder anzugucken. Stattdessen wurde er von einem Polizisten angeraunzt und aufgefordert, „weiterzugehen!“
Einige Ex-Besetzer des Kubat-Dreiecks hatten vor dem Bezirksparlament ein Mini-Zelt aufgeschlagen und Stelltafeln in Position gebracht. Die Aktion war legal: Eine Standgenehmigung hatten sie in der Tasche.
Trotzdem rückten gegen 12 Uhr samt Blaulicht und Sirene vier vollbesetzte Polizeibullis mit zwei Schäferhunden an: „Das Zelt ist nicht genehmigt!“ Die Standerlaubnis gelte nur für einen Tapeziertisch. Ruckzuck nahmen die etwa 20 Polizisten die Personalien der fünf jungen Leute auf; fotografierten die Stelltafeln, suchten nach anarchistischem Terrormaterial. Es fand sich nichts. Der von dem Polizeibeamten angepflaumte Bürger rannte diesem etwa zehn Minuten hinterher. „Ick will ihre Numma wissen!“ Solche Hartnäckigkeit stieß einem Kollegen sauer auf. „Sie stören hier eine Polizeiaktion!“ polterte der, „wennse nich aufhörn, könn‘ wa se auch mitnehm!“
Die AL hat „gegen die Einengung unserer demokratischen Rechte auf's schärfste„protestiert. Die Aktionen der Ex -Kubaxler gehen unterdessen weiter: Heute um 15 Uhr eine Kundgebung vor dem Moabiter Knast, morgen um 13 Uhr am Flohmarkt Reichpietschufer. Danach, so heißt es in einer Erklärung, geht's ab zur Grillfete an der Kubat-Dreieck -Mauer.
Die Mitglieder der Bürgerinitiative Westtangente wollen ab heute das Dreireck vor der Mauer am Potsdamer Platz „belagern“. Die BI will das Gebiet beobachten, die Bevölkerung „über Eingriffe in die Vegetation“ informieren und so die bevorstehende Rodung des Geländes verhindern.
ccm
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