piwik no script img

Zaun um Zaun

■ Schrott-Regulierung am Görlitzer Bahnhof als Baum-Ersatz

Wo Skalitzer- und Oranienstraße zusammenlaufen, am Zipfel des Blocks 104, soll ein Marktplatz entstehen. Wer sich jetzt auf die sandige plattgewalzte „Verkehrsinsel“ verirrt, ist von Zäunen umgeben. Links unter der Hochbahn Gitter, rechts in der Oranienstraße wird auch gebaut und wer sich durch die Schlupflöcher, die abkürzenden gepflasterten Trampelpfade, auf den Platz begibt, der ist gleich zweifach abgeriegelt - nach innen und außen. In der Mitte schützt ein silbrig glänzender Bauzaun frische Rasensaat und kleine Bäume und am Rand befindet sich ein Zaun aus verrosteten Fundstücken: Ablagekörbe, Fahrrad-, Sprung- und einstiger Fensterrahmen, Auspuff, Reste von Reklameschildern, Gitter, Eisenleitern, dazwischen Reste vom üblichen Bauzaun, Zangen, Schaufeln, Stiele, verbunden und zusammengeschweißt verschiedene Röhren.

Weil die erste Finanzierungsrate noch nicht lockergemacht ist, konnten die vorgesehenen Linden noch nicht gepflanzt werden. Statt dessen entstand in den verwaisten Pflanztrögen als Übergang der „Kunst-Zaun“, um die erneute Nutzung als Park-, Ölwechsel- und Müllplatz zu verhindern. Platzgestalter Hermann Borges meint, ein normaler Bauzaun wäre doch wieder eingerissen worden: „Vor Ort, wo die Leute Geld zum Leben brauchen, wird dieses Recycling besser verstanden“.

Für Borges ist der Zaun schon angenommen worden, denn Anwohner haben ein Teilstück mit zwei Brettern zur Sitzbank umfunktioniert. Eine alte Frau kommentiert: „Ich versteh das hier sowieso alles nicht mehr. Aber man muß ja mit der Zeit gehen. En bißchen Farbe uff den Rost und dann wird das ganz schön“. „Von wegen schön“, schreit eine besorgte Mutter, „wenn ich an die Gören denke, fällt mir direkt die Tetanusspritze ein!“

Text und Foto: Petra Schrott

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen