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SPD spielt mit dem Status

■ Körting (SPD) für automatische Übernahme von Bundesgesetzen nach Berlin Anlaß ist geplatzte Parlamentssitzung vom Freitag / Senat: Status bedroht

Der Charlottenburger SPD-Vorsitzende Ehrhart Körting hat jetzt gefordert, das geltende Berliner Übernahmeverfahren für Bundesgesetze abzuschaffen. Dies sieht vor, daß das Abgeordnetenhaus Bonner Gesetzen stets eigens zustimmen muß, weil die Stadt rechtlich nicht zum Bundesgebiet gehört. Da diese Übernahme immer „rein formal“ vonstatten gehe (nur die AL stimmt manchmal mit „Nein“), sei das Verfahren verzichtbar, erklärte Körting. Gemäß Artikel 1, Absatz 3 der Berliner Verfassung sollten Bundesgesetze stattdessen automatisch auch in Berlin Gültigkeit erlangen, forderte Körting. An die Alliierten richtete Körting den „Appell“, die Suspendierung dieses Passus‘ aufzuheben. Denkbar sei auch ein pauschales Sammelgesetz zur künftigen Übernahme aller Bundesgesetze. Die alliierten Mächte könnten dennoch auch künftig die Geltung einzelner Bundesgesetze einschränken, meinte Körting, der auch Vorsitzender der Berlin-Programm-Kommission der Landes-SPD ist.

Als Anlaß verwies er auf den für den Berliner Parlamentarismus „peinlichen Vorgang“ vom Freitag. Wie berichtet, konnten an diesem Tag einige Bundesgesetze nicht vom Abgeordnetenhaus übernommen werden, weil das Parlament nicht beschlußfähig war. Zur Wiederholung der Abstimmung müssen Parlamentarier eigens aus dem Urlaub eingeflogen werden - nur um kurz und ohne Diskussion den Arm zu heben.

Dieses geltende Übernahmeverfahren sei ein „historischer Anachronismus“, kritisierte Körting. Er verwies auf die „Debatten“ um die Übernahme des „Weißen Kreises“. Bekanntlich war die Berliner SPD von der AL angegriffen worden, weil sie dem entsprechenden Bundesgesetz im Abgeordnetenhaus zugestimmt hatte. Für Körting hat sich das praktizierte Übernahmeverfahren „zu einem Hebel entwickelt“, Bundesrepublik und West-Berlin „auseinanderzudividieren“.

Ein Senats-Sprecher tat Körtings Vorschlag gestern auf Anfrage als „Effekthascherei“ und „juristischen Taschenspielertrick“ ab, der den Status gefährdet.

Daß Körting hilfsweise auf die nach dem Vier-Mächte -Abkommen eingeführte Ost-Berliner Regelung verwies, wird die West-Alliierten nicht gnädiger stimmen. Daß in Ost -Berlin DDR-Gesetze unmittelbar gelten, entspricht der Auffassung von DDR und Sowjetunion, Ost-Berlin sei ein Teil der DDR. Die West-Alliierten hatten dieser Auffassung stets widersprochen.

hmt

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