: Ein Ausländer zuviel
■ Zur geplanten Abschiebung des Kurden Asci
Was muß ein Mensch eigentlich noch alles nachweisen, um in diesem Land als politisch verfolgt anerkannt oder auch nur geduldet zu werden? Der Kurde Asci, der seit einem Jahr in Rheinland-Pfalz in Abschiebehaft gehalten wird, ist zweimal aus seiner Heimat geflohen. Dafür, daß er nach seinem ersten zwangsweisen Rücktransport in der Türkei gefoltert wurde, gibt es klare medizinische Indizien. Und allein die schlichte Tatsache, daß er sich in seinem Asylverfahren als Sympathisant der kurdischen PKK bezeichnet - dem bestgehaßten Erzfeind der türkischen Regierung - ist gleichbedeutend mit den sicheren Handschellen auf dem Flughafen von Istanbul.
Nein, sehr viel mehr als Asci kann ein Ausländer kaum als Beleg für eine Gefährdung bieten. Doch Asci ist wieder einmal der berühmte eine Ausländer, der genau zuviel ist zum Wohle dieses freiheitlich-demokratischen Landes. Es reichte nicht aus, daß er zur Strafe für die Unverfrorenheit, um ein Zipfelchen Schutz zu bitten, seit einem Jahr wie ein Verbrecher in Haft gehalten wird. Der Petitionsausschuß des rheinland-pfälzischen Landtages mußte ihm gestern - mit den Stimmen der Sozialdemokraten - noch den letzten Fußtritt zurück in die Heimat versetzen. Bloß keine Gnade im Einzelfall, da könnten ja alle kommen! Und ein Petitionsausschuß - das sagt doch schon der Name, läßt sich nun einmal nicht bitten. Schon gar nicht um ein Menschenleben. Nur leider übernimmt ein Petitionsausschuß auch keine persönlichen Garantien für die körperliche Unversehrtheit seiner abgestellten Bittsteller. Was kostet schon ein kurzes Fingerheben, wenn man hinterher nicht mehr dafür zur Rechenschaft gezogen wird, was mit den Fingern anderer passiert, die man dem Zugriff von Folterern ausgeliefert hat?
Vera Gaserow
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