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Boykott gegen Militarisierung Namibias

■ Die Bewohner des seit 67 Jahren besetzten Landes wehren sich gegen die Übergriffe des Apartheid-Militärs

Auf der Straße, die schnurgerade zur angolanischen Grenze führt, rollen hunderte südafrikanische Panzer, Minenfahrzeuge und Transporter. Entlang der Straße türmen sich Sandwälle, hinter denen sich Wachtürme, braune Zeltlager und Militärbaracken verbergen.

Seit 12 Jahren herrscht zwischen 19 und 7 Uhr Ausgangssperre. Wer in dieser Zeit außerhalb des Hauses angetroffen wird, muß damit rechnen, daß ohne Warnung scharf auf ihn geschossen wird. Kranke sterben, weil sie nachts nicht ins Hospital gebracht werden können. Das soziale Netz zwischen den einzelnen Gehöften, die oft kilometerweit verstreut liegen, bricht durch die Ausgangssperre schnell zusammen.

Nächtliche Überfälle Uniformierter auf Gehöfte, bei denen geplündert, Frauen, Kinder, alte Leute verprügelt und mißhandelt werden, sind an der Tages- (oder besser Nacht -)ordnung. Auch Krankenhäuser, Missionsstationen oder Schulen sind davor nicht sicher.

Angeblich zum Schutz vor Massenentführungen von Kindern und LehrerInnen, die sich in letzter Zeit häufen, werden Militär - und Geheimpolizeilager in unmittelbarer Nähe von Schulen eingerichtet. Die Regierung behauptet, die SWAPO initiiere diese Entführungen, um Kindersoldaten in angolanischen Lagern auszubilden. Doch die SWAPO distanziert sich von derartigen Aktionen. Fragt man die Betroffenen, so bekommt man ausweichende Antworten darüber, wer hinter den Entführungen steckt. In anderen Fällen wurde die Identität der Entführer aufgedeckt: Soldaten der südafrikanischen Armee hatten sich in erbeuteten Uniformen als SWAPO-Kämpfer ausgegeben. Die Situation eskalierte, als Anfang des Jahres SWAPO-Einheiten eine Basis der Geheimpolizei angriffen, die in der Nähe einer Schule stationiert ist. Bei diesem Gefecht kamen mehrere Kinder ums Leben.

Die SchülerInnen in Ovamboland beschlossen Gegenmaßnahmen: am 17.März dieses Jahres begannen sie einen Schulboykott mit der Forderung nach sofortigem Abzug der Militärstationen. Den Vorschlag des Generaladministrators in Windhoek, bei den Schulen Schutzbunker zu bauen, empfinden die SchülerInnen als Provokation oder Zynismus. Am 3.Juni sprang der Funke über, denn die Schulen von Katatura, dem schwarzen Ghetto der Hauptstadt Windhoek, schlossen sich dem Boykott an. Insgesamt 30.000 SchülerInnen blieben entweder zu Hause oder versammelten sich vor den Schulen. Windhoeks Polizei reagierte schnell: schon am frühen Morgen des ersten Streiktages rollten Panzer und Gefangenentransporter in Katutura ein. Ganze Gruppen von Kindern wurden getreten, geschlagen, mit Tränengas bombardiert.

Im Anschluß daran erklärte sich auch der Dachverband der Gewerkschaften (NUNW) mit den Forderungen der Jugendlichen in Ovamboland solidarisch und rief zu einem zweitägigen landesweiten Streik auf. 100 Prozent der Minenarbeiter schlossen sich an, in anderen Bereichen beteiligten sich zwischen 65 und 80 Prozent der schwarzen Arbeiter. Nach den Ferien, die am 19.Juli zuende gehen, soll der Schülerstreik fortgesetzt werden.

Thomas Prinznowski

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