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Kritischer Polizist strafversetzt

Sprecher der Arbeitsgemeinschaft „Kritischer Polizisten“ wegen Äußerungen in einer WDR-Talkshow in die Statistik verbannt / Polizist will vors Verwaltungsgericht gehen  ■  Von Vera Gaserow

Berlin (taz) - Im Mai konnte die „Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer PolizistInnen“ noch stolz den Gustav Heinemann -Preis entgegennehmen. Gestern erhielt einer ihrer beiden Sprecher, Manfred Such, die dienstliche Quittung für sein Engagement. Gerade aus dem Urlaub zurückgekehrt, bekam Kriminalhauptkommissar Such - seit sechs Jahren Leiter des Kriminalkommissariats Werl - vom Oberkreisdirektor die Mitteilung, er sei mit sofortiger Wirkung aus seiner Dienststelle „umgesetzt“. Neuer Arbeitsbereich des Kriminalkommissars: die Kriminalstatistik in der Kreisstadt Soest.

Als Grund für diese dienstliche „Umsetzung“, die ohne Einwilligung des Personalrates möglich ist, führten Suchs Vorgesetzte dessen kritische Ausführungen in der WDR -Talkshow „Drei vor Mitternacht“ Ende Juni '86 an, wo Such u.a. mit Heinrich Lummer und Antje Vollmer über das Thema Innere Sicherheit gestritten hatte. Angekreidet werden dem kritischen Polizisten jetzt Passagen, in denen er die Probleme von Polizisten darstellte, die auf Rechtsverstöße ihrer Kollegen hinweisen. Such hatte dabei u.a. gesagt: wenn er als Polizist hinginge und sage, „da hat ein Kollege rechtswidrig gehandelt. Das erlebe ich in meinem praktischen Dienst - ich möchte sagen - fast täglich“, müsse er mit seiner persönlichen Isolierung bei der Polizei rechnen und letztlich seinen Dienst quittieren.

Danach ließ die örtliche Presse mehrere Tage lang Polizeibeamte über Suchs Äußerungen großformatig schimpfen und die Werler CDU forderte lautstark so lange die Versetzung des Leiters der Werler Kripo, bis der Oberkreisdirektor reagierte.

Manfred Such hat beim Verwaltungsgericht rechtliche Schritte gegen seine Umsetzung eingelegt, die er unzweifelhaft als „versteckte Disziplinierung“ einordnet.

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