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Hör-Funken: Berliner Rundfunk/Dr.phil.Taxifahrer/Sprachkabarett

(Berliner Rundfunk 1040, Stimme der DDR 1700, Radio DDR II 1700). 20.Juli. Gleich dreimal umarmt und mit Bruderkuß gegrüßt werden an diesem denkwürdigen Tag in den Radiosendern der DDR „die patriotischen Offiziere“ um den Obersten Graf Schenk von Stauffenberg, die vor 44 Jahren in Hitlers Hauptquartier Rastenburg eine Bombe zündeten, leider aber bei dieser Tat weniger erfolgreich waren als bei den diversen Blitzkriegen, an denen sie zu einer Zeit teilnahmen, da die Siege den Gedanken an Widerstand noch nicht so recht aufkommen lassen wollten.

(SWF 2, 2030-2130) Dr.phil. Taxifahrer. Nicht mit der Vergangenheit, sondern mit der Zukunft von Geisteswissenschaftlern, die allerdings auch eher düster ist, beschäftigt sich ein Situationsbericht, der sich an alle wendet, denen der Staat die kalte Schulter zeigt, weil sie sich den Kopf zu sehr mit so marginalen Bildungsballasten wie Ethnologie, Philosophie, Kunst und Musik, Archäologie, Historik und was dergleichen Überreste aus vergangenen Zeiten mehr sind, vollgesogen haben, mit denen sich in dieser schnellflüssigen Zeit an keiner Aktienbörse der Welt auch nur ein schneller Heller verdienen läßt. Die Situation sei die, sagt der Situationsbericht, daß für sie neue und alternative Verdienstmöglichkeiten erschlossen werden müssen; gleichzeitig, berichtet der Bericht, sei das aber leichter gesagt als getan, was hiermit auch einmal gesagt wäre. Die Zukunft des Geistes ist also von tiefem Grau, mehr offenbar, als schon die Vergangenheit.

(WDR 2, 2105-2230) Sprachkabarett. Da der dreifache Genitiv in der Sprache fast ebenso selten und voller Gefahren ist wie im Eiskunstlaufen der dreifache Rittberger für den Athletenkörper, hier also die Rarität aus dem WDR -Pressetext: „'Salzburger Stier 1988‘ (3). Leo Lukas, Österreich, Preisträger des Kabarettforums der Arbeitsgemeinschaft der Unterhaltungsabteilungen deutschsprachiger Sender, vorgestellt von Georg Kreisler.“ Vielleicht ein Indiz dafür, welche Gefahren doch das Unterhaltungswesen bedrohen, um es dann eher unfreiwillig zu garantieren. Leo Lukas und Georg Kreisler würden zum dreifachen Genitiv vermutlich höchstens aus sprachsatirischen Gründen greifen.

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