: Der Bischof und die „grünen Teufel“
Hätt‘ Maria abgetrieben, wär‘ uns das erspart geblieben / Auseinandersetzungen um die Aktionen der „Aktion Leben“ ■ Von Klaus Peter Klingelschmitt
Wiesbaden (taz) - Der Bischof von Fulda, Dr.Johannes Dyba, mischt sich verstärkt in die Debatte um die CDU-nahe Initiative „Aktion Leben“ ein. Mitglieder der Gruppe hatten eine äthiopische Asylbewerberin, die im Kreiskrankenhaus Schlüchtern eine Abtreibung vornehmen ließ, bis ans Krankenbett verfolgt und psychisch unter Druck gesetzt, um den Eingriff zu verhinden. Ihre Aktionen und die Weigerung des Fuldaer Landratsamts, die Abtreibung der Äthiopierin zu bezahlen, führte letzte Woche zum Krach im hessischen Landtag.
Da selbst freidemokratische Abgeordnete des Landtags von Fulda als dem „schwarzes Ärgernis im liberalen Hessen“ sprachen, wetterte Dyba von der Kanzel des Domes wider die „gottlose, kindermörderische Generation“, die heute in der Volksvertretung ihr Unwesen treibe. Insbesondere die Vertreter der „Fünfprozentparteien“ FDP und Grüne seien „zwei Eintagsfliegen“, die ihre „Fleckchen auf altes Fuldaer Porzellan setzen“. Und diese „Fleckchen“ könnten bei der nächsten Wahl leicht wieder abgewaschen werden. Die Angriffe des Bischofs, der sich voll hinter die Aktionen seiner „Aktion Leben“ stellt, empörten gestern im Landtag nicht nur den grünen Abgeordneten Fritz Herle aus Fulda. Herle mußte sich von dem praktizierenden katholische Pfarrer Winfried Abel in einem Leserbrief an die Fuldaer Zeitung fragen lassen, ob er das „Produkt einer Fehlentscheidung seiner Mutter“ sei, die ihn vor der Geburt wohl besser abgetrieben hätte.
Auch die FDP hat sich in scharfer Form gegen die Äußerungen von Bischof Ayatollah Dyba gewand und die Aktionen der christlichen „Hisbolla“ mit dem Namen „Aktion Leben“ verurteilt. Es sei „ungeheuerlich“, daß der Bischof eine ganze Generation als „gottlos und kindesmörderisch“ bezeichnet, nur weil im Landtag auf die bestehende Rechtslage bei Schwangerschaftsabbrüchen hingewiesen worden sei. Die Jungen Liberalen in Hessen wollen gar über das Verhältnis zwischen Kirche und Staat „neu nachdenken“.
Zu einer Debatte im Landtag um die Äußerungen Dybas, wie sie gestern von den Grünen gefordert wurde, wollte sich die FDP allerdings nicht hinreißen lassen. Zusammen mit der CDU votierten die Liberalen nur für einen Berichtsantrag. Schließlich sind im Koalitionsvertrag mit der CDU wechselnde Mehrheiten nicht inbegriffen. Und ehe die CDU mit den den „grünen Teufeln“ einen Antrag verabschiedet, darf noch viel Weihwasser die Fulda hinabfließen.
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