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UNO will Frieden am Golf in zehn Tagen

■ Trotz Beginn der Verhandlungen neue Luftangriffe im Golf / Khomeini selbst soll den Waffenstillstand beschlossen haben / US-Marine will weiter im Golf bleiben

New York / Manama / Bonn (afp/ap) - In sieben bis zehn Tagen will UN-Generalsekretär Javier Perez de Cuellar einen vollständigen Waffenstillstand zwischen Iran und Irak aushandeln. Unmittelbar nach der iranischen Annahme der Resolution 598 des Sicherheitsrates hat Perez de Cuellar deshalb noch am Montag Gespräche mit den Vertretern beider Kriegsparteien bei den Vereinten Nationen aufgenommen. Er habe beide Seiten gebeten, mit ihm in ständigem Kontakt zu bleiben, um den Verhandlungskalender festzulegen. Er benötige acht bis zehn Tage, um das konkrete Datum für den „Tag X“ einer Feuerpause mit beiden beteiligten Seiten auszuhandeln und um eine 250 Mann starke Überwachungstruppe der Vereinten Nationen zu bilden, die die Operationen vor Ort verfolgen solle, erklärte de Cuellar. Im übrigen hoffe er, daß die westlichen Länder, die Marinekräfte im Golf unterhalten, „von nun an in Betracht ziehen werden, daß sie zur Schaffung einer Atmosphäre der Entspannung beitragen müssen“. US-Außenminister George Shultz meinte dazu am Dienstag bei seinem Besuch in Tokio, die amerikanische Marine bleibe vorerst im Golf. Die Vereinigten Staaten seien aber bereit, direkt mit Teheran über eine Normalisierung ihrer Beziehungen zu verhandeln.

Die iranische Bereitschaft zu einem Waffenstillstand geht nach offiziellen Angaben aus Teheran auf eine Entscheidung des Revolutionsführers Ayatollah Khomeini zurück. Khomeini habe am Sonntag die iranische Führung zur Annahme der Resolution 598 des UN-Sicherheitsrats aufgerufen, teilte der iranische Parlamentspräsident Haschemi Rafsandschani am Montag mit. Bundesaußenminister Genscher war bereits in einer frühen Phase direkt an der Diskussion um die Annahme der UNO-Resolution 598 durch den Iran beteiligt. Wie das Auswärtige Amt in Bonn bestätigte, hat der iranische Botschafter in Bonn, Mehdi Mostafawi, Genscher letzte Woche in dessen Urlaubsort auf einer griechischen Insel einen Brief seines Außenministers, Ali Akbar Welajati, überbracht. Fortsetzung auf Seite 6

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Daraufhin habe Genscher seinen Urlaub abgebrochen und sei Mitte der vergangenen Woche nach Bonn zurückgekehrt, um von dort aus an den Diskussionen im Sicherheitsrat über den Airbus-Abschuß teilzunehmen. Die neuen Entwicklungen zeigten allerdings am Dienstag noch keine Auswirkungen. Beide Seiten meldeten gegnerische Luftangriffe.

Teheran beschuldigte Bagdad, am Morgen das unvollendete iranische Atomkraftwerk Buschehr und weitere „Industrieanlagen“ im Südiran bombardiert zu haben.

Massud Radjawi, Chef der „Volksmudjahedin“, sieht in der neuen Entwicklung den Beweis für „den totalen Zusammenbruch und die absolute Ausweglosigkeit des Khomeini-Regimes“. In einem Kommunique der „Volksmudjahedin“ erinnert Radjawi auch an die Eroberung der westiranischen Stadt Mehran durch seine „Nationale Iranische Befreiungsarmee“ Anfang dieses Monats, durch die das Teheraner Regime gespürt habe, „das seine letzte Stunde geschlagen hat“. Ein Regierungssprecher Saudi -Arabiens begrüßte den Schritt Teherans und verwies darauf, daß die arabischen Nationen seit Ausbruch des Krieges auf eine Versöhnung der moslemischen Nachbarn hingearbeitet hätten. Die Vereinigten Arabischen Emirate, die von der Ausweitung des Konflikts auf die Schiffahrt im Golf neben Kuweit besonders betroffen waren, äußerten ihre „tiefe Zufriedenheit“ mit der iranischen Annahme der UN -Resolution.

Israels Außenminister Schimon Peres bezeichnete Irans Bereitschaft zu einem Waffenstillstand als „eine grundlegende Wende“ für die gesamte Region. Besorgt erwähnte Peres in einem Rundfunkinterview, die „gigantische“ irakische Militärmacht: „Irak hat eine fast 50 Divisionen starke Armee aufgebaut, mit einer mächtigen Luftwaffe und Boden-Boden-Raketen. Wichtig ist nun zu wissen, ob Irak seine Kräfte für den Wiederaufbau einsetzen wird, oder ob das Land versucht sein wird, seine Hegemonie in der arabischen Welt auszudehnen.“

Die Aussicht auf ein Ende des Krieges hat zu einem sprunghaften Ansteigen des Ölpreises geführt. In New York wurde das Barrel (159 Liter) um 84 Cent höher mit 15,70 Dollar gehandelt. Preistreibend wirkte sich vor allem aus, daß die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) jetzt ihre internen Probleme lösen und zu einem gemeinsamen Kurs kommen könnte. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat seine Debatte über den Abschuß eines iranischen Verkehrsflugzeuges durch einen US-Kreuzer am Montag abend ohne Abstimmung auf Dienstag vertagt. Bis zur Wiederaufnahme der Debatte soll hinter den Kulissen versucht werden, ein für alle Seiten annehmbares Ergebnis. Mit einer Verurteilung der USA wird wegen deren Vetorecht allerdings nicht gerechnet.

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