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Tod an der Tagesordnung

■ Israelis erschießen fünf Menschen in zwei Tagen Protest gegen Tunnelbau in Ost-Jerusalem

Jerusalem/ Berlin (ap/taz) - Tödliche Bilanz israelischer Besatzungspolitik: Gestern morgen erschossen israelische Soldaten in Nablus zwei Palästinenser. Nur einen Tag zuvor, am Mittwoch, waren bei den schwersten Auseinandersetzungen seit Wochen drei Palästinenser getötet worden.

Wegen „gewälttätiger Demonstrationen“ verhängte die israelische Armee Ausgangssperren über die 110.000 Einwohner zählende Stadt und die Flüchtlingslager Schatti, El Biredsch und Nusserath im besetzten Gaza-Streifen. Zuvor war es auch an vielen anderen Orten in den besetzten Gebieten und in Ost -Jerusalem zu Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und israelischen Soldaten gekommen. Im Gaza-Streifen wurde gestern ein Generalstreik ausgerufen. Damit zeichnet sich eine erneute Eskalation in dem seit Monaten andauernden Konflikt ab, der bisher 218 palästinensische Todesopfer forderte.

Nach den blutigen Straßenschlachten in Nablus behaupteten israelische Soldaten, eine ihrer Patrouillen sei mit Steinen und Flaschen angegriffen worden. Der 23jährige Hussam Abdel Asis wurde daraufhin von einer Kugel tödlich in den Rücken, der 24jährige Maher Abu Ghazale in die Brust getroffen. Beide starben kurz darauf. Mindestens zwölf weitere Demonstranten wurden verletzt. Fortsetzung auf Seite 6

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Der Generalstreik im Gazastreifen war ausgerufen worden, um gegen Tunnelgrabungen entlang der Klagemauer und unter dem islamischen Viertel Jerusalems zu protestieren.

Das Wakf, ein Institut für moslemisches Kulturgut, gab an, die Erdarbeiten gefährdeten die nahe liegenden Moscheen Omar und El-Aksa. Die Moscheen sind das zweitgrößte mohammedanische Heiligtum nach Mekka. Der Mufti Jerusalems, Scheich Saadeddin El-Alami, hatte bereits am Mittwoch die Vertreter mehrerer Konsulate informiert, „um die Weltöffentlichkeit auf das Problem aufmerksam zu machen“.

In Ost-Jerusalem und mehreren anderen Orten in den besetzten Gebieten kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen vorwiegend jugendlichen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften, weil die Schulen im Westjordanland gestern erneut vorzeitig geschlossen wurden, nachdem sie erst vor vier Wochen nach einer monatelangen Pause wieder geöffnet hatten.

Eine der Ursachen für die erneute Anspannung der Lage in den besetzten Gebieten war der Konflikt um die kleine Stadt Bet Sahur bei Bethlehem, über die vor kurzem ein elftägiges Ausgangsverbot verhängt worden war. Die Einwohner von Bet Sahour waren in Steuerstreik getreten.

Arabische Partei tagt

Jerusalem (afp) - Die Demokratische Arabische Partei des israelischen Parlamentsabgeordneten Abdel Wahab Daraische ist am Mittwoch in Anwesenheit von Staatspräsident Haim Herzog zu ihrer ersten Tagung in Nazareth zusammengetreten.

In seiner Rede sagte Daraische - ein israelischer Araber die Partei sei gegründet worden „nach 40 Jahren der Nicht -Beteiligung an den Entscheidungen, die den Staat betreffen, in dem wir leben. Vorbei die Zeit, in der Andere in unserem Namen sprechen.“ Daraische war am 23. Januar aus der Arbeitspartei ausgetreten, um gegen die „repressiven Methoden“ von Verteidigungsminister Jizchak Rabin in den besetzten Gebieten zu protestieren.

Im April hatte er die Gründung der ersten rein arabischen Partei in Israel angekündigt. Nach Angaben von Daraische hat die Partei bereits 4.000 Mitglieder. Vor rund 400 Zuhörern würdigte Daraische den Palästinenseraufstand in den besetzten Gebieten und forderte die israelische Regierung auf, mit den Palästinensern und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) zu sprechen.

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