: Irak kämpft gegen den Frieden
■ Die Truppen Bagdads stießen gestern auf 170 Kilometern Breite auf iranisches Territorium vor / 5.000 Soldaten getötet oder verwundet / Drei Grenzorte besetzt / Iraks Kriegsherren weigern sich, UNO-Vertreter zu empfangen
Teheran/Bagdad (afp) - Soldaten und Bomber des Irak haben gestern die hochgeputschten Hoffnungen auf einen schnellen Waffenstillstand im Golfkrieg zerstört. Damit stehen die Vereinten Nationen seit der Anerkennung der UN-Resolution 598 durch Iran bei der Suche nach einem Frieden am Golf erneut großen Widerständen gegenüber. Die irakische Armee eroberte am Freitag nach Angaben aus Teheran drei iranische Grenzorte im Westen des Landes. Die amtliche iranische Nachrichtenagentur IRNA meldete die Besetzung der Grenzorte Sar Pol Sahab, Chosrawi und Kasr Schirin durch irakische Truppen nach einem „intensiven Giftwaffenbombardement“. Dem Angreifer seien jedoch schwere Verluste zugefügt worden, 5.000 irakische Soldaten seien getötet oder verwundet worden.
Bagdad bezeichnete diese Zahl als „Lüge“, bestätigte aber, an allen Fronten Offensiven eingeleitet zu haben, um die vom Iran besetzten Teile des Staatsgebietes zurückzuerobern. Nach Angaben des irakischen Generalstabes sei der größte Vorstoß auf 170 Kilometer Breite nordöstlich von Bagdad geführt worden. Die Ortschaft Sanuba sei ganz und Seif Saad teilweise wieder in den Händen irakischer Truppen. Die Offensiven haben den irakischen Angaben nach ebenfalls den Zweck, „so viel iranische Gefangene wie möglich zu machen“, um die Position Bagdads bei einem eventuellen Gefangenenaustausch im Rahmen eines Friedensvertrages zu verbessern. Irak verlangt noch vor dem Inkrafttreten eines Waffenstillstands direkte Verhandlungen mit Iran unter Leitung des UN-Generalsekretärs in New York.
Iran lehnt direkte Verhandlungen jedoch ab. Unter diesen Umständen weigert sich Bagdad, eine militärisch-technische Sonderdelegation der UNO zu empfangen, die die Modalitäten für einen Waffenstillstand prüfen soll. „Das ist eine Geiselnahme“, kommentierte ein UN-Vertreter die Position Bagdads.
Teheran hat sich seinerseits bereiterklärt, die vom norwegischen General Martin Vadset geleitete Expertengruppe zu empfangen, die am Sonntag in Teheran eintreffen soll. Der iranische UN-Vertreter Mohammad Mahallati betonte nach einem Treffen mit dem UN-Generalsekretär, direkte Gespräche entsprächen „weder dem Wortlaut noch dem Geist der Resolution 598“. Wenn Perez de Cuellar es wünsche, sei sein Land jedoch jederzeit bereit, eine Ministerdelegation nach New York zu schicken. Diese Aussage wird als Kompromißbereitschaft Teherans gewertet. Perez de Cuellar hat in der Nacht zum Freitag angekündigt, daß er den irakischen und den iranischen Außenminister nach New York einladen will.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen